Das Unternehmen TissueFlow, Essen, hat ein Operationsinstrument für die orthopädische Chirurgie entwickelt, das die Selbstheilung verletzter Knochen begünstigt. Der chirurgische Saugansatz wird aus Cyrolite, einem transparenten Copolymer auf Acrylat-Basis von […]
Die Gründer von TissueFlow, Mediziner an der Universität Duisburg-Essen, haben ein neues Verfahren zur Behandlung von Knochendefekten entwickelt. Der chirurgische Saugansatz BoneFlo+ kann mit Knochenersatzmaterial bestückt werden. Dieses wird im Saugstrom mit körpereigenen Gewebepartikeln und Stammzellen durchtränkt. Den angereicherten Knochenersatzstoff kann der Chirurg später bei der Reparatur beschädigter Knochen passend modellieren. „Dadurch wird die Selbstheilungskraft unterstützt“, sagt Dr. Marcel Haversath von TissueFlow.
Zur Produktion des Saugansatzes holten die Mediziner Experten aus der Kunststoffverarbeitung hinzu: Roth Plastic Technology, Dautphetal-Wolfgruben, konstruierte die Prototypen und Oschmann Kunststofftechnik, Biedenkopf-Breidenstein, fertigte die Bauteile im Spritzgießverfahren aus der Formmasse Cyrolite GS-90 von Röhm.
Typische Anwendungen der Cyrolite-Produktfamilie sind medizinische Einwegartikel, von Infusions- und Laborfiltergehäusen, Blutbehandlungsgeräten, Infusions- und Katheterzubehör bis hin zu chirurgischen Saugern.
Sebastian Herrmann, Gesamtleitung von Roth Plastic Technology erklärt: „Die ausschlaggebenden Kriterien für die Wahl von Cyrolite für diese Anwendung sind die außerordentliche Transparenz, die Eignung für Sterilisation mit Gamma-Strahlen sowie die hohe Biokompatibilität bei gleichzeitiger chemischer Beständigkeit gegen Blut, Gewebeflüssigkeit und Lipide. Die chemische Beständigkeit ist eine zentrale Anforderung, weil das Material des Saugansatzes unmittelbar mit diesen Körperflüssigkeiten in Kontakt kommt.“
Alles im Griff bei der Knochenchirurgie
Die Basisvariante BoneFlo funktioniert wie ein herkömmlicher Sauger und besteht aus fünf spritzgegossenen Komponenten aus Cyrolite: einem aufschraubbaren Griff, der gleichzeitig als Filtergehäuse dient, sowie zwei Filtern und zwei Saugspitzen zum Wechseln. Der perforierte, röhrenförmige Kunststofffilter verhindert, dass Gewebe den Schlauch verstopft und das Absaugen unterbricht. Gleichzeitig erlaubt es die Konstruktion, bei Bedarf körpereigene Gewebebestandteile aufzufangen.
Die Weiterentwicklung BoneFlo+ enthält zusätzlich zu den beiden Kunststofffiltern einen gleich geformten Einsatz aus dem Knochenersatzstoff β-TCP, der bei Bedarf eingewechselt wird. Knochenvorläuferzellen in Blut und Gewebepartikeln haben das Potenzial, die Knochenneubildung anzuregen. Aber sie benötigen ein Substrat, an dem sie anhaften. Dazu dient hier der Filter aus porösem β-TCP. Während des Absaugens wird das Material sozusagen in einer körpereigenen Nährlösung getränkt, die dem Gewebemilieu am verletzten Knochen entspricht“, erklärt Mediziner Dr. Haversath. „Deshalb muss der Saugansatz auch transparent sein, damit man sieht, wann der Knochenersatzstoff weit genug benetzt ist und entnommen werden kann.“
Gute Haptik und Handhabbarkeit
Die modulare Konstruktion von BoneFlo+ erlaubt es dem Operateur, während des Eingriffs zu entscheiden, ob Knochenersatz benötigt wird. Dann kann er mit wenigen Handgriffen den Kunststofffilter gegen den β-TCP-Einsatz tauschen – und umgekehrt. Die Geräte sind so konstruiert, dass sich das Gehäuse für einen schnellen und sicheren Filterwechsel bei der Operation leicht aufschrauben lässt. „Dies erfordert insbesondere beim Gewinde des Schraubverschlusses höchste Präzision beim Spritzgießen, die hier dank der besonderen Fließfähigkeit und der Dimensionsstabilität der Formmasse Cyrolite GS-90 erreicht wird“, betont Edmund Oschmann, Geschäftsführer der Oschmann Kunststofftechnik.
Mit dem geriffelten Griff liegt der Saugansatz überdies stabil und rutschfest in der Hand. „OP-Instrumente müssen griffig, stoßfest und robust sein“, nennt Dr. Haversath drei weitere Materialanforderungen, die der schlagzähe und biokompatible Medizinkunststoff von Röhm erfüllt.