Lanxess, Köln, sieht für seine technischen Thermoplaste neben den neuen Anwendungen im Antriebsstrang von Elektrofahrzeugen auch großes Potenzial in der Ladeinfrastruktur der Elektromobilität. Die Anforderungen an die jeweiligen Bauteile leiten […]
Lanxess, Köln, sieht für seine technischen Thermoplaste neben den neuen Anwendungen im Antriebsstrang von Elektrofahrzeugen auch großes Potenzial in der Ladeinfrastruktur der Elektromobilität. Die Anforderungen an die jeweiligen Bauteile leiten sich vor allem von der Elektro- und Elektronikindustrie (E&E) sowie vom Automobilbau ab. „Beide Branchen sind seit Jahrzehnten ein Kerngeschäft für unsere Polyamide und Polyester. Daher verfügen wir bereits über maßgeschneiderte Materialien, die den wichtigsten Normen und Spezifikationen der internationalen E&E- und Automobilindustrie entsprechen und sich für den Einsatz in der Ladeinfrastruktur sehr gut eignen“, erläutert Sarah Luers, Projektmanagerin in der E&E-Anwendungsentwicklung des Geschäftsbereichs High Performance Materials (HPM) von Lanxess.
Ladestecker und -buchsen
Der Einsatzschwerpunkt der Materialien der Marken Durethan (PA) und Pocan (PBT) liegt auf Komponenten für Ladestecker und -buchsen, Ladesäulen, Ladeboxen (Wallboxes) etwa in Garagen und Carports sowie auf Bauteilen für Systeme zum induktiven, kabellosen Laden von Hochvoltbatterien. Auch wenn die Normgebung im Bereich der Elektromobilität derzeit an vielen Stellen noch im Fluss ist, bieten Polyamid- und Polyestermaterialien schon jetzt vielfältige Einsatzmöglichkeiten, um das Laden der Batterie sowohl mit Gleich- als auch mit Wechselstrom zu ermöglichen. Bei Ladesteckern finden hier zum großen Teil unverstärkte Werkstoffe Verwendung, die eine hohe Dimensionsstabilität sowie Oberflächenqualität zeigen, schlagzäh und damit mechanisch robust sind und bei Kontakt mit spannungsführenden Teilen auch flammgeschützt ausgerüstet sein können. Luers sagt: „Ein Beispiel hierfür ist das halogenfrei flammgeschützte PA 6 Durethan B30SFN30. Es erreicht in Flammschutztests nach der US-Norm UL 94 (Underwriters Laboratories Inc.) die beste Einstufung V-0 bei 0,75 Millimeter Probekörperdicke.“ Dagegen bietet sich das PA 6 Durethan B30S für dünnwandige Bauteile wie Steckergriffe an, die nicht zwangsläufig flammwidrig sein müssen.
Durch die immer stärkeren Ladespannungen und -ströme gewinnen außerdem wärmeleitende Thermoplaste an Bedeutung, um die entstehende Wärme abzuführen. Für Komponenten im Bereich der Ladestecker eignen sich zum Beispiel die mineralisch hochgefüllten PA-6-Compounds Durethan BTC965FM30 und BTC77ZH3.0EF. Ersteres ist halogenfrei flammgeschützt und erreicht im UL 94-Test eine V-0 Klassifizierung (0,75 mm). Durethan BTC77ZH3.0EF enthält eine spezielle Mineralfüllung, die für eine nahezu isotrope Wärmeleitfähigkeit von bis zu 1,8 W/(m*K) sorgt. Trotz des hohen Füllgrades zeigt das Material eine gute Dehnung und gutes Verarbeitungsverhalten.
Bei Ladebuchsen kommt es meist auf eine Kombination aus hoher Brandwidrigkeit, mechanischer Festigkeit und gutem Dehnungsverhalten an. „Diesen Anforderungen entspricht zum Beispiel das halogenfrei flammgeschützte und glasfaserverstärkte PA 6 Durethan BKV30FN04, das ebenfalls mit einer V-0-Klassifizierung bei UL gelistet ist“, so Luers.
Abdeckungen und Strukturbauteile für Ladewandboxen
Potenzielle neue Anwendungen bei Ladewandboxen sind Abdeckungen und Strukturkomponenten. Abdeckungen müssen als sichtbare Teile gut lackierbar, witterungs- und UV-stabil sowie verzugsarm sein. Diesem Anforderungsprofil wird etwa Pocan C1203 gerecht, ein unverstärktes Blend aus PC und PBT.
Typische Anforderungen an Strukturkomponenten, wie etwa Aufhängesysteme für Ladeboxen, sind eine hohe Flammwidrigkeit, Witterungsstabilität und Kriechstromfestigkeit gepaart mit einer guten Zähigkeit und geringen Verzugsneigung. „Material der Wahl ist hier das hochverstärkte und daher sehr steife und feste Durethan BKV45FN04“, so Luers. Das halogenfrei flammgeschützte PA 6 zeigt eine hohe Kriechstromfestigkeit von 600 Volt (CTI A) und hat eine UL 94 V-0-Einstufung bei 0,4 mm Prüfkörperdicke.
Boden- und Fahrzeugplatten für induktive Ladesysteme
Ein weiterer aktueller Entwicklungstrend ist das induktive und kabellose Laden von Fahrzeugbatterien. Die dafür benötigten flachen Boden- und Fahrzeugplatten, in denen unter anderem die Ladespulen untergebracht sind, müssen aus Materialien bestehen, die brandwidrig, mechanisch belastbar und verzugsarm sind. Ebenso erforderlich ist eine hohe elektrische Durchschlagfestigkeit. Darüber hinaus sollen die Werkstoffe unter Licht- und Wettereinfluss stabil sein, und ihre Eigenschaften dürfen sich in einem Temperaturfenster von – 45 bis + 125 °C kaum verändern. Ein Material für Bodenplatten ist etwa das mit Glasfasern und -kugeln verstärkte PA 6 Durethan BG30XFN01. Es fließt gut und ist verzugsarm und zäh. Den UL 94-Test besteht es mit V-0 bei 0,75 mm Probekörperdicke. Außerdem hat es eine UL f1-Listung für den Einsatz in Außenanwendungen unter UV- und Wassereinwirkung.
Serviceleistungen über die komplette Entwicklungskette
HPM unterstützt Kunden entlang der kompletten Entwicklungskette von Bauteilen für die Ladeinfrastruktur der Elektromobilität. Zu den Serviceleistungen zählen die Entwicklung anwendungsspezifischer Werkstoffe und die Optimierung des Verarbeitungsprozesses. Weiterhin werden Ingenieurleistungen bei der Bauteilauslegung wie CAE-Simulationen, Moldflow-Berechnungen und verschiedene Fertigteilprüfungen angeboten. „Wir führen auch normkonforme Tests zur UV-Beständigkeit und zum Brandverhalten wie Glühdrahtprüfungen nach IEC 60695-2-13 durch“, erläutert Luers. Darüber hinaus sind elektrische Prüfungen wie etwa zur Durchschlagfestigkeit nach IEC 60243-1 im Leistungsumfang enthalten.