Endlosfaserverstärkte, thermoplastische Verbundhalbzeuge der Marke Tepex dynalite der Lanxess-Tochter Bond Laminates, Brilon, erobern auch im Fahrzeuginterieur neue Anwendungen. Ein Beispiel ist das Rücksitzsystem eines Geländewagens, der von einem europäischen Automobilhersteller […]
Endlosfaserverstärkte, thermoplastische Verbundhalbzeuge der Marke Tepex dynalite der Lanxess-Tochter Bond Laminates, Brilon, erobern auch im Fahrzeuginterieur neue Anwendungen. Ein Beispiel ist das Rücksitzsystem eines Geländewagens, der von einem europäischen Automobilhersteller produziert wird.
Der Mittelplatz des Sitzsystems ist mit einer so genannten Durchlade ausgestattet, um für jeden Sitzplatz die Lehne einzeln umklappen zu können. Die Durchlade wird durch Umformen und Hinterspritzen von Tepex dynalite gefertigt. „Das Bauteil markiert den Einstieg des Verbundwerkstoffs in den Leichtbau von Rücksitzanlagen und ist ein erneuter Beweis für das große Einsatzpotenzial des Composite-Materials in der Serienfertigung“, sagt Henrik Plaggenborg, Leiter Technisches Marketing & Business Development Tepex Automotive.
„Gegenüber einer Stahlvariante ergibt sich eine Gewichtsreduktion von mehr als 40 Prozent. Gleichzeitig erfüllt das sicherheitsrelevante Bauteil alle Lastfälle, weil die Orientierung der Endlosfaserlagen im nur zwei Millimeter dicken Halbzeug gezielt auf die mechanische Belastung ausgerichtet ist“, erklärt Harri Dittmar, Projektmanager und Anwendungsexperte für Tepex.
Die Entwicklung des Leichtbauteils erfolgte bei der Brose Fahrzeugteile GmbH & Co. KG mit Unterstützung des Geschäftsbereichs High Performance Materials von Lanxess. Brose produziert das Bauteil in seinem Werk in Coburg.
Stabil bei Front- und Heck-Crash
Die Durchlade ist systembedingt nur an einer Seite oben an der Rücksitzlehne befestigt. Durch diese Befestigung wird sie bei Belastung sowohl auf Biegung als auch auf Torsion beansprucht. Um diesen Lastfällen gerecht zu werden, wurde ein spezieller multiaxialer Aufbau der Endlosglasfaserlagen im thermoplastischen Verbundhalbzeug gewählt. Multiaxiales Tepex ist eine neue Entwicklung aus dem Hause Bond-Laminates, die Organobleche deutlich leistungsfähiger macht. Das was bisher nur durch die verfahrenstechnisch aufwändige Kombination von gewebebasiertem Tepex mit Tapes möglich. Im Kern des Halbzeugs für die Durchlade befinden sich vier je 0,25 mm dicke Lagen mit einer Faserausrichtung von +45° und -45° zur Bauteillängsachse, die mittensymmetrisch angeordnet sind. Sie nehmen die Torsionslast auf. Dagegen werden die Biegelasten durch die beiden äußeren, je 0,5 mm dicken Lagen aufgenommen, bei denen 80 % der Endlosfasern in Belastungsrichtung liegen. „Dieser multiaxiale Lagenaufbau sorgt dafür, dass das Leichtbauteil bei einem Frontalcrash den Aufprall der beschleunigten Ladung aus dem Kofferraum und bei einem Heck-Crash die Massenkräfte der in den Sitz gepressten Person schadlos übersteht“, erläutert Dittmar.
Wirtschaftlicher One-Shot-Prozess
Zur Herstellung der Durchlade wird ein Zuschnitt des Halbzeugs aufgeheizt, in das Spritzgießwerkzeug eingelegt, umgeformt und dabei mit einem glasfaserverstärkten Thermoplasten hinterspritzt. Neben Rippen für eine hohe Bauteilsteifigkeit sind durch den Spritzgießschritt zahlreiche Funktionselemente direkt anformbar – so etwa die Aufnahme für die Nackenstütze, diverse Befestigungs- und Anschraubpunkte und die umlaufende Kedernut, an der die rückseitige Textilabdeckung der Durchlade befestigt ist. In klassischer Stahlbauweise hätten diese Funktionsbauteile separat angeschweißt oder -geschraubt werden müssen.
Umfangreicher HiAnt-Service beim Werkzeugbau
Das Werkzeug für die Durchlade wurde mit Hilfe einer von Lanxess entwickelten Drapiersimulation im Rahmen von HiAnt optimiert. Unter diesem Namen sind die umfangreichen Serviceleistungen gebündelt, mit denen Kunden über die gesamte Bauteilentwicklung hinweg unterstützt werden. Mit der Drapiersimulation wurden verschiedene Umformstrategien dargestellt und bewertet. Die Ergebnisse fanden von vornherein in der Werkzeugumsetzung Berücksichtigung und haben dazu beigetragen, die Entwicklungszeit erheblich zu verkürzen. Auf Basis der spezifischen Werkzeugtechnik leitete Lanxess den Halbzeug-Zuschnitt ab. Dieser wird im Werkzeug vorgeformt bzw. lokal fixiert, bevor das Werkzeug als Ganzes endgültig schließt. „Auf diese Weise gelingt es unter anderem, das Entstehen von Falten und ein lokales Überdehnen der Endlosfasern beim Verformen des Halbzeugs zu verhindern“, erläutert Dittmar.