Mit der Directcoating-/Directskinning-Technologie lassen sich die Wünsche von Autokäufern und Herstellern gleichermaßen erfüllen. Während Verbraucher ein individualisiertes Fahrzeuginterieur mit hoher Wertanmutung und attraktivem Design bevorzugen, setzt die Autoindustrie auf eine […]
Mit der Directcoating-/Directskinning-Technologie lassen sich die Wünsche von Autokäufern und Herstellern gleichermaßen erfüllen. Während Verbraucher ein individualisiertes Fahrzeuginterieur mit hoher Wertanmutung und attraktivem Design bevorzugen, setzt die Autoindustrie auf eine effiziente Herstellung von Bauteilen. Das Interesse an der Technologie wächst deshalb stetig, sie wird inzwischen in der Serienproduktion eingesetzt.
Auf der K 2016 zeigt die Covestro AG, Leverkusen, den Prototyp einer neu gestalteten Lenkradabdeckung. Die Entwicklung demonstriert eine große Bandbreite an Farben, Oberflächenstrukturen und haptischen Eindrücken, die mittels Directcoating aus einem Werkzeug am selben Bauteil darstellbar ist.
Ein Werkzeug für Farbe, Oberfläche und Haptik
Das beschichtete Bauteil entsteht in einem Zwei-Komponenten-Werkzeug mit Hilfe eines zweistufigen Verfahrens in der Spritzgießmaschine. Zuerst wird der Kunststoffträger in der ersten Kavität spritzgegossen. Dann wird er in eine um die Lackschichtdicke vergrößerte zweite Kavität gebracht, in die das lösemittelfreie Lacksystem über einen RIM-Mischkopf (Reaction Injection Molding) injiziert wird. Das Ergebnis ist ein nahezu nachbearbeitungsfreies, polyurethan-beschichtetes Bauteil mit hervorragenden Eigenschaften.
„Gegenüber der herkömmlichen Kombination aus Spritzgießen und nachfolgender Spritzlackierung bietet der integrierte Prozess große Einsparpotenziale hinsichtlich Logistikaufwand, Energieverbrauch und Platzbedarf“, erläutert Dr. Johannes Scherer, Leiter des Directcoating/Directskinning-Programms bei Covestro. „Darin und in der Freiheit der optischen und haptischen Gestaltung der Bauteiloberfläche liegt der große Mehrwert des Verfahrens.“
Fast unbegrenzte Designfreiheit
Das Bauteil selbst kann transparent, transluzent oder opak sein. Seine Oberfläche lässt sich in verschiedenen Farben lackieren, mit einer Mattlack- oder Klavierlackoptik dekorieren oder mit kratzfesten Funktionsbeschichtungen schützen. Hinzu kommen verschiedene Möglichkeiten der haptischen Gestaltung sowie der Oberflächenstrukturierung.
Hier zeigt sich ein weiterer Vorteil des Directcoating-Verfahrens gegenüber der Sprühlackierung: Mit dem injizierten Lack können auch Konturen wie scharfe Kanten, Rundungen oder erhabene Flächen dargestellt werden, weil er die Werkzeugoberfläche detailgetreu abbildet. Eine Variante sind Feinstnarbungen mit scharf abgegrenzten Hochglanz- und Mattbereichen.
Im direkten Blickfeld des Fahrers erfüllt die Lenkradabdeckung hohe optische Anforderungen. Über die 3D-Geometrie der Lenkradabdeckung lässt sich auch die Flexibilität des Verfahrens bei der Gestaltung gekrümmter Oberflächen zeigen und auf andere Komponenten übertragen. Die Entwicklung ist Teil eines integrierten Materialkonzepts von Covestro zur Gestaltung des Autoinnenraums, das aktuellen Trends Rechnung trägt. Für die Directcoating-Technologie hat das Unternehmen Polycarbonat-Blendwerkstoffe der Sortimente Bayblend und Makroblend sowie Polyurethan-Lackrohstoffe der Reihen Desmodur und Desmophen entwickelt.
Präzise Füllsimulation des Lacks
Auf Basis eines von Covestro erstellten Materialdatensatzes für die Simulation mit Moldflow kann die Füllung des Werkzeugs mit dem Polyurethanlack im Voraus berechnet werden. Das Simulationsmodell berücksichtigt verschiedene Einflussgrößen. Dadurch können zum Beispiel Lufteinschlüsse vermieden werden. Das Modell ist inzwischen so weit erprobt, dass Covestro seinen Kunden und deren Werkzeugbauern im Rahmen von Projekten anbietet, das optimale Anguss- und Entlüftungsdesign für die Lackkomponente zu berechnen.
Auf der K 2016 zeigt Covestro eine gestalterische Variante, bei der ein dünner Leuchtstreifen die Kontur der Lenkradabdeckung hervorhebt und einen Ambientelicht-Effekt erzeugt. Er kommt dadurch zustande, dass der transluzent thermoplastische Träger im Bereich des Streifens nicht beschichtet ist. Eine hinter dem Träger installierte Lichtquelle scheint durch den Streifen und erzeugt dadurch den reizvollen optischen Effekt. In einem nächsten Schritt ist eine Kombination mit gedruckter Elektronik zur weiterführenden Funktionsintegration geplant.