07.02.2023
BGS

Strahlenvernetzung von Biopolymeren

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Lesedauer: 4 Minuten.

In einem Forschungsprojekt des Vernetzungsdienstleisters mit Instituten und Industriepartnern gab es Erfolge bei der Entwicklung von biobasierten Flammschutzmitteln in Bio-Kunststoffen. Dies eröffnet neue Anwendungsmöglichkeiten in Elektronik und Elektrotechnik.

Produkte in der Elektrotechnik und der Elektronik (E&E) müssen hohe Flammschutzvorgaben und oft anspruchsvolle thermische Anforderungen erfüllen. Bisher am Markt erhältliche Bio-Polymere werden diesen Anforderungen nicht gerecht. In einem gemeinsamen Forschungsprojekt des Fraunhofer WKI, Fraunhofer IAP, Vernetzungsdienstleister BGS und weiteren Industriepartnern sind nun erstmals Erfolge in der Entwicklung von biobasierten Flammschutzmitteln in Bio-Kunststoffen gelungen. Damit könnten künftig Kunststoffe in der Elektronik und Elektrotechnik eingesetzt werden, die zu 100 % aus biobasierten Materialien bestehen. Die Verarbeitung wurde im Rahmen des Forschungsprojekts mittels Compoundierung, Spritzguss und additiver Fertigung getestet.

Im Rahmen des auf drei Jahre angelegten Forschungsprojekts standen mehrere Zielstellungen rund um die Entwicklung von neuen Bio-Kunststoffen und Bio-Verbundwerkstoffen für Anwendungen in Elektrotechnik und Elektronik im Fokus. Wesentliche Schwerpunkte lagen darauf, ein halogenfreies Flammschutzmittel zu entwickeln, das möglichst in geringer Einsatzmenge und mit geringen Kosten in Bio-Kunststoffen eingesetzt werden kann, und der Klärung, inwieweit die Strahlenvernetzung den Flammschutz des Materials weiter verbessern kann.

„Im Rahmen unseres Teilprojektes zu den Auswirkungen von Elektronenstrahlung auf die neuen Materialien haben wir drei Zielstellungen definiert“, erklärt Dr. Dirk Fischer, Leiter der Anwendungsentwicklung bei BGS. „Durch Vernetzung des biobasierten neuen Materials wollten wir zum einen die Flammschutzwirkung erhöhen und zum anderen eine Kopplung des Flammschutzmittels an das Bio-Polymer erzielen. Darüber hinaus wollten wir die Vernetzbarkeit von bereits am Markt verfügbaren Biopolymeren belegen, insbesondere in verschiedenen Formulierungen und mit dem Einsatz von Holzpartikeln. Die Ergebnisse zur Vernetzbarkeit und den daraus resultierenden Eigenschaftsveränderungen stimmen uns zuversichtlich, dass sich hieraus neue Anwendungen für biobasierte Kunststoffformulierungen im Bereich Elektrotechnik und Elektronik ergeben“, so Fischer weiter.

Elektronenstrahlvernetzung bindet Flammschutzmittel an PLA

Zur Erreichung eines hohen Flammschutzes ist die homogene Verteilung der Flammschutzmittel in der Biopolymermatrix aus PLA notwendig. Die Kopplung mit der Biopolymermatrix sollte durch die speziell entwickelten, reaktiven Flammschutzmittel erreicht werden. Als neues Verfahren für die Anbindung der Flammschutzmittel an die Matrix wurde die Bestrahlung mit beschleunigten Elektronen eingesetzt. Dieser nicht-thermische Prozess wird zur Eigenschaftsverbesserung von Massenkunststoffen und technischen Kunststoffen seit vielen Jahren genutzt und gehört in zahlreichen Branchen zum Standard – für Bio-Kunststoffe findet die Strahlenvernetzung jedoch bisher noch wenig Aufmerksamkeit. Die Eigenschaften der Polymere werden hier modifiziert, indem über die Strahlendosis kontrollierbare Vernetzungs- und Kopplungsreaktionen angestoßen werden.

In den Versuchen erwies sich ein Additiv als wirkungsvoll, bei dem nachweislich die Vernetzungsreaktion des PLA den Abbau des Polymers durch die Bestrahlung überwiegt. Auch weitere Additive wurden umfangreich getestet. „Die Ergebnisse verbessern den Kenntnisstand über die zum Teil erstmalig eingesetzten Additive sowie die Prozesse in der Kunststoffverarbeitung“, erklärt Fischer. „Insbesondere konnten wir hierdurch die Auswirkungen der Bestrahlung auf die Vernetzbarkeit dieser neuartigen biobasierten Formulierungen aufzeigen.“

Compoundierung mit Bio-PA

Darüber hinaus wurden im Rahmen des Forschungsprojektes flammgeschützte Formulierungen auf Basis von Bio-Polyamiden für das Spritzgießen entwickelt und die Vernetzbarkeit unter Einfluss der Elektronenstrahlung erstmals untersucht. „Es zeigte sich, dass sich die hier eingesetzten Bio-Polyamide wie PA 610, PA 1010 und PA 11 mit Hilfe eines Vernetzungsadditivs sehr effektiv vernetzen lassen und im Vergleich zu konventionellen fossilbasierten Kunststoffen keinerlei Nachteile mitbringen“, so BGS-Projektleiter Fischer.

Nachgewiesen werden konnte auch der positive Effekt einer Zugabe von Holzpartikeln auf die Flammschutz-Performance. Wie in vorherigen Versuchen mit PLA und PBS waren die Wärmefreisetzungsraten durch Holzzugabe reduziert, bei einer gleichzeitigen Verkürzung der Entzündungszeitpunkte. Die vielversprechenden Ergebnisse sind Gegenstand weiterer Forschungsaktivitäten.

„Die Vernetzung der entwickelten Materialien führt zu einem neuartigen Eigenschaftsprofil. Bei fast allen PA-basierten Formulierungen konnten wir eine Erhöhung der Zugfestigkeit und des Zug-E-Moduls unter Reduzierung der Kerbschlagzähigkeit belegen“, erklärt Fischer. „Das Projekt hat auch gezeigt, dass die Herstellung vernetzbarer Rezepturen und ihre Verarbeitung viele Parallelen zu bekannten konventionellen Kunststoffen aufweist. Biobasierte Kunststoffe können daher konventionelle Kunststoffe in vielen Anwendungen ersetzen und durch die Strahlenvernetzung in ihrem Eigenschaftsspektrum weiter optimiert werden. Das eröffnet nicht nur in den Bereichen Elektronik und Elektrotechnik neue Möglichkeiten, sondern schafft auch neue Einsatzgebiete in der Automobilindustrie – hierin steckt enormes Potential.“

www.bgs.eu

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