Hochleistungsfaserverbundwerkstoffe (HLFVW) werden zunehmend für Leichtbauanwendungen in Fahrzeugen, Flugzeugen und im Maschinenbau eingesetzt. Vor allem die endlosfaserverstärkten Kunststoffe auf Thermoplast-Basis gewinnen immer mehr an Bedeutung. Ein reglementierender Faktor für die […]
Hochleistungsfaserverbundwerkstoffe (HLFVW) werden zunehmend für Leichtbauanwendungen in Fahrzeugen, Flugzeugen und im Maschinenbau eingesetzt. Vor allem die endlosfaserverstärkten Kunststoffe auf Thermoplast-Basis gewinnen immer mehr an Bedeutung. Ein reglementierender Faktor für die prozesssichere Weiterverarbeitung dieser technisch interessanten thermoplastischen HLFVWs ergibt sich durch die hohen Verarbeitungstemperaturen. Zusätzlich erfordert das Aufheizen von Verstärkungsstrukturen, z.B. Gelegen aus thermoplastisch vorimprägnierten, unidirektional faserverstärkten UD-Tapes eine hohe Prozesskontrolle und Reproduzierbarkeit.
Auf Basis der vom Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie (ICT) in Pfinztal entwickelten Verfahrenstechnik zur Konsolidierung von UD-Tapegelegen, konnte der Pressenhersteller Wickert aus Landau/Pfalz diese Einschränkung lösen und ein für den Versuchsbetrieb flexibel einsetzbares Gesamtsystem bereitstellen.
Verarbeitungstemperaturen bis 425 °C
Ende 2014 lieferte der Pressenhersteller einen Hochtemperatur-Kontaktheiztisch der Verarbeitungstemperaturen bis 425 °C ermöglicht. Dieser wird am Fraunhofer ICT in der Arbeitsgruppe Thermoplastverarbeitung (TP) des Produktbereichs Polymer Engineering eingesetzt. Ein Forschungsschwerpunkt der Arbeitsgruppe TP liegt unter Anderem im Bereich der lokalen Endlosfaserverstärkung, der auch die Verarbeitung von endlosfaserverstärkten Halbzeugen, wie beispielsweise UD-Tapes, umfasst.
„In der Vergangenheit war maximal die Verarbeitung von Gelegen auf Basis von technischen Thermoplasten wie z.B. PA 6 oder PA 66 möglich, der Markt fordert aber zunehmend leistungsfähigere Matrices“, weiß Raphael Jauch, Projektleiter am Fraunhofer ICT. Er hat sich zum Ziel gesetzt, Tape-Materialien mit Matrices aus Hochleistungsthermoplasten wie beispielsweise PPS oder PEEK verarbeiten zu können und damit in eine neue Dimension bei den Anwendungen einzusteigen.
Durchgängige Prozesskette bringt Synergie
Das Fraunhofer ICT hat die gesamte Prozesskette im eigenen Haus. Die Herstellung der Gelege erfolgt am Standort Augsburg bei der Projektgruppe Funktionsintegrierter Leichtbau FIL. Dort werden die UD-Tapes mit dem sogenannten Relay-Prozess (Rapid Efficient Layup) mit frei wählbaren Lageaufbauten zu den gewünschten Verstärkungsstrukturen abgelegt. Dabei werden die UD-Tapes auf einem fahrbaren Tisch schichtweise positionsgenau platziert und mittels Ultraschall punktverschweißt. Die Orientierung der Tapes und somit der Fasern lässt sich dabei stufenlos über die Rotation des Tisches einstellen und kann dadurch auf den jeweiligen Belastungsfall optimal angepasst werden. Die Weiterverarbeitung beziehungsweise Konsolidierung der so vorgefertigten Gelege erfolgt im zweistufigen HTP-Prozess (Heizen-Transfer-Pressen). Hier kommt der neu entwickelte Hochtemperatur-Kontaktheiztisch von Wickert zum Einsatz, der zum Aufheizen der Gelege vor dem Pressen verwendet wird. Um Laminate mit höchster Qualität und reproduzierbaren Eigenschaften herzustellen, müssen in diesem Prozessschritt die Einzellagen ohne Lufteinschlüsse miteinander verbunden werden. Eine entscheidende Rolle für das Aufheizen der Gelege spielt hierbei eine homogene Temperaturverteilung sowie eine hohe Planparallelität der Heizplatten.
Durch diese neue Anlagentechnik lassen sich nun auch Laminate auf Basis von Hochleistungsthermoplasten (z.B. PPS, PEI oder PEEK) herstellen, die für Anwender der Automobilindustrie sowie der Luft- und Raumfahrt sowohl zur Materialcharakterisierung als auch zur Weiterverarbeitung zu komplexen Hochtemperatur-Bauteilen hochinteressant sind.
Anwendungsmöglichkeiten
Das maximal zu verarbeitende Produktmaß beträgt ca. 1.100 mm x 1.100 mm. Bei einer Heizleistung von 2 x 50 kW wird die Maximaltemperatur von 425 °C ausgehend von Raumtemperatur innerhalb kürzester Zeit erreicht. Beide Heizplatten sind mit einer, speziell für diese Anwendung konzipierten 6-Zonen-Temperaturregelung ausgestattet, welche eine schnelle und einfache materialspezifische Anpassung ermöglicht. Die Regelgenauigkeit der Heizstabzonenüberwachung beträgt +1,0 °C.Unterschiedliche Betriebsarten bieten eine hohe Flexibilität: Der Kontaktheiztisch kann sowohl zeit-, als auch temperaturgesteuert betrieben werden, was eine hohe Produktreproduzierbarkeit zur Folge hat. Alle prozessrelevanten Daten wie die Soll-/Ist-Temperaturen der Heizplatten, Produkttemperaturen, Heiz- und Haltezeiten sowie die Gesamtzykluszeit werden erfasst, überwacht und angezeigt.
Raphael Jauch freut sich über die erweiterten Materialverarbeitungsmöglichkeiten. Er stellt fest:
„Wir haben mit dem gelieferten System eine individuell auf unsere Bedürfnisse angepasste Anlage erhalten, die ideal für die angedachten Prozesse geeignet ist.“
www.wickert-presstech.de
www.ict.fraunhofer.de