Vom Thema Leichtbau getrieben müssen immer mehr Unternehmen aus unterschiedlichsten Branchen den Spagat zwischen dem Einsatz hochwertiger Materialien bei gleichzeitiger Kostensenkung meistern. Für einen Tier-1-Zulieferer aus dem Automotivesektor hat Schmidt […]
Vom Thema Leichtbau getrieben müssen immer mehr Unternehmen aus unterschiedlichsten Branchen den Spagat zwischen dem Einsatz hochwertiger Materialien bei gleichzeitiger Kostensenkung meistern. Für einen Tier-1-Zulieferer aus dem Automotivesektor hat Schmidt & Heinzmann, Bruchsal, die erste voll automatisierte SMC-Halbzeuglinie konstruiert. Mit der darin verbauten Closed-Loop-Regelung setzt der Anwender zukünftig auf eine verbesserte Qualität des hergestellten SMC-Materials und damit auf eine mitarbeiterunabhänige Reproduzierbarkeit bei gleichzeitig höherer Kosteneffizienz.
Sheet Molding Compounds (SMC) sind formbare Pressmassen aus duoplastischen Reaktionsharzen und Fasern beispielsweise aus Glas oder Carbon. Das Material wird für die Herstellung von Bauteilen verwendet, die sehr hohen mechanischen Belastungen unterliegen und gleichzeitig möglichst leicht sein sollen. Typische Anwendungen der Leichtbauteile finden sich in der Automobilindustrie, Sport- und Freizeitindustrie, im Bereich Sanitär oder in der Luft- und Raumfahrt. Das aufwendige Herstellungsverfahren, sowie die Carbonfasern selbst, machen Carbonfaser-SMC zu einem relativ teuren Werkstoff. Aufgrund seiner besonderen Eigenschaften ist es für ausgewählte Anwendungen dennoch sehr attraktiv.
Der Kunde, ein weltweit tätiger Hersteller von Automotive-Teilen im oberen Preissegment, wird von vielen namhaften OEMs seit Jahrzehnten geschätzt. Das Unternehmen produziert ebenfalls Carbonfasern und Carbonfaser-SMC-Halbzeuge. Durch die Platzierung der Anlage in Südeuropa wird der europäische Markt effizient bedient. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Herstellung von qualitativ hochwertigem SMC-Halbzeug zu marktfähigen Preisen. Die dafür verwendete Anlage besteht aus einer 3-Komponenten-Pump-Dosier- und Mischeinheit und der SMC-Produktionslinie HighLine1600, welche sich aus zwei automatischen Rakeln, einem Schneidwerk für Carbonfasern sowie einer Einheit zur Luftauspressung und einer Imprägnierzone zusammensetzt. Das fertige SMC-Material wird im Zick-Zac-Verfahren in Kisten abgelegt. Ist die Kiste voll, wird das SMC-Halbzeug automatisch abgeschnitten, die Materialkiste ausgeschleust und durch eine leere Kiste ersetzt. Ein Materialspeicher sorgt währenddessen für ein kontinuierliches Fortlaufen der SMC-Materialherstellung ohne Maschinenstopp.
Gleichbleibende Qualität dank Closed-Loop-Regelung
Bereits leichte Schwankungen in der Zusammensetzung oder nicht konstante Produktionsbedingungen verändern die Eigenschaften des Composite Materials. Daher ist ein stabiler Produktionsprozess qualitätsentscheidend. Hier setzt die voll automatisierte Produktionsanlage von Schmidt & Heinzmann an. „Sind Mitarbeiter in der Produktion gezwungen Maschineneinstellungen händisch vorzunehmen, ist es von der Disziplin des jeweiligen Mitarbeiters abhängig, wie präzise die entsprechende Einstellung vorgenommen wird bzw. ob die notwendigen Anpassungen überhaupt erfolgen“, weiß der Produktionsleiter des SMC-Herstellers. Dies führt zu einer schwankenden Qualität des SMC-Halbzeugs, was unter Umständen einen erhöhten Ausschuss in späteren Produktionsschritten zur Folge haben kann.
Dank der vollständigen Automatisierung arbeitet die Maschine autark. Sämtliche Regelparameter wie Temperatur, Geschwindigkeit, Rakelspalt sowie der Druck und der Spalt an der Imprägnierung werden automatisch eingestellt und mittels Sensoren permanent überwacht. In der Steuerung sind alle Rezepte mit den zugehörigen Maschineneinstellungen hinterlegt. Beim Wechsel auf eine andere Rezeptur werden diese entsprechend übernommen. Dadurch wird eine gleichbleibende Produktqualität und Reproduzierbarkeit sichergestellt. „Einige Segmente unserer SMC-Linien, wie beispielsweise Rakel und Filmabwicklung sind bei uns seit Jahren automatisch gesteuert. Andere Automatisierungen sind neu hinzugekommen. Dadurch erreichen wir eine Closed-Loop-Regelung, die für einen beständig guten Produktionsprozess sorgt“, erklärt Michael Ochs, Prokurist und Vertriebsleiter bei Schmidt & Heinzmann.
Automatische Imprägnierung für gutes Ergebnis
Selbst wenn die Mischung aus Harz und Carbonfasern auf makroskopischer Ebene perfekt scheint, kann es zu unterschiedlichen Produkteigenschaften kommen. Das Problem zeigt sich erst auf mikroskopischer Ebene. Für herausragende Produkteigenschaften muss die Faser komplett mit Harz benetzt sein. Dieser als Imprägnierung bezeichnete Prozessschritt hat somit einen besonders hohen Stellenwert im Produktionsprozess.
Um einen guten Imprägnierungsgrad zu erreichen, muss der Spalt zwischen den Imprägnierwalzen exakt dem vorab definierten Wert entsprechen. Bei einem zu großen Spalt werden die Fasern nicht vollständig mit Harz benetzt, bei einem zu kleinen Spalt werden die Trägerfolien mit zu viel Druck aneinandergepresst und das Harz wird links und rechts aus den Trägerfolien gedrückt. Mit der automatischen Imprägnierung werden die Abstände zwischen den Imprägnierwalzen vollautomatisch und hochpräzise passend zum Rezept eingestellt. Gleiches gilt für den Druck der Pneumatikzylinder, der kontinuierlich nachgeregelt und protokoliert wird. Dies sorgt für eine gute Imprägnierung der Fasern über die gesamte Dauer des Produktionszyklus.
Automatische Luftauspressung
Der Prozessschritt Luftauspressung ist erstmals ebenfalls automatisch geregelt. Die effektive Länge der Luftauspressung ist motorisch veränderbar. Die Maschinensteuerung gleicht diese permanent der aktuellen Liniengeschwindigkeit an, sodass immer eine gleichbleibende Luftauspressung gewährleistet werden kann – auch bei maximaler Anlagengeschwindigkeit. Lufteinschlüsse im SMC-Material führen im Pressprozess, bei dem aus dem SMC-Halbzeug ein Fertigteil entsteht, zu Hohlräumen im Bauteil. Durch den Lufteinschluss verliert das Bauteil an Stabilität.
Flächengewichtsregelung passt Produktionsparameter an
Ebenso wie die nicht vollständige Imprägnierung der Fasern sind auch Flächengewichtsunterschiede innerhalb des Halbzeugs problematisch. Diese können entstehen, wenn beispielsweise das Harz nicht gleichmäßig aufgetragen oder das Streubild der Fasern ungleichmäßig ist. Die gewünschten Materialeigenschaften sind dann nicht mehr gegeben. Um ein gleichmäßiges Flächengewicht zu gewährleisten, setzt Schmidt & Heinzmann eine Flächengewichtsregelung ein. Diese misst während des Produktionsprozesses an bis zu drei Positionen das Flächengewicht. Ist dieses nicht optimal, erfolgt eine automatische Anpassung der Produktionsparameter wie beispielsweise dem Rakelspalt. „Dadurch konnte der Kunde seinen Ausschuss signifikant reduzieren“, erklärt Michael Ochs.
„Wir haben bereits Anfragen von Kunden, die die Vollautomation an ihren bestehenden Anlagen gerne nachrüsten möchten. Wirtschaftlich macht dies jedoch keinen Sinn. Bei der Neuanschaffung einer SMC-Linie lohnt sich der Mehrpreis aber auf jeden Fall“, ergänzt Ochs.