In vielen anspruchsvollen Anwendungen können Elastomerdichtungen nicht so eingesetzt werden, wie sie aus der Herstellung kommen. Reinigen und Beschichten sowie Plasmabehandlungen machen sie leistungsfähiger und langlebiger.
Elastomerbauteile beziehungsweise Dichtungen sind direkt nach der Herstellung nicht sauber. Rückstände von Fertigungshilfsstoffen wie Öl, Fett und Trenn- oder Kühlmittel haften auf ihnen. Der erste Schritt der Nachbearbeitung ist somit immer ein Reinigungsprozess. Bis zu den Neunziger Jahren wurden Dichtungen noch ungewaschen eingesetzt. Selbst in Kraftfahrzeugen sind die technischen Systeme so robust ausgelegt, dass sie Schmutzpartikel verkraften können. Gleiches gilt für die üblichen, stark lösemittelhaltigen Automobillacke. Sie lassen sich gut verarbeiten, trocknen schnell und entschuldigten damals noch kleinere Verunreinigungen in Anlagen oder auf Rohkarosserien. Separate Reinigungsprozesse für Dichtungen waren damals nicht nur unnötig, sondern aufgrund der zusätzlichen Kosten sogar unerwünscht.
Sauberkeit wird neu definiert
Doch diese Situation hat sich inzwischen geändert. Neue europäische Richtlinien und Verordnungen fordern geringere Emissionen sowie umweltschonendere Produktionsprozesse und treffen damit insbesondere die Automobilhersteller. Motoren werden effizienter und durch Downsizing schrumpfen Bauteile und Toleranzen auf Minimalwerte. Die Leistungsdichte dagegen wächst und mit ihr die Empfindlichkeit gegenüber Restschmutz. Zeitgleich halten auch Wasserbasislacke ihren Einzug. Sie versprechen geringe Lösemittelemissionen, zeigen sich jedoch sehr empfänglich für Verunreinigungen durch sogenannte lackbenetzungsstörende Substanzen. Mit den Forderungen nach hinreichend sauberen Komponenten setzt die Automobilindustrie daher neue Standards und prägt die Begriffe der technischen Sauberkeit und LABS-Freiheit.
LABS ist ein Akronym für lackbenetzungsstörende Substanzen. Diese Substanzen verhindern eine gleichmäßige Benetzung der zu lackierenden Oberfläche und verursachen so trichterförmige Störstellen und Krater in der Lackschicht. Deshalb wird immer öfter LABS-Konformität gefordert. Auch in der Vorbehandlung von Klebeflächen sind Störstellen nicht erwünscht, weil sie die Haftung reduzieren. Da nicht bekannt ist, welche Substanzen zu diesen Störungen führen, werden Materialien, Bauteile und Baugruppen auf LABS-Konformität geprüft. Während bei Metallen und vielen Kunststoffen durch intensive Reinigung die oberflächlich haftenden Fertigungshilfsmittel sicher entfernt werden können, genügt bei Elastomeren eine Oberflächenreinigung nicht. Hier schafft erst das Plasmaverfahren LABS-Konformität.
Nicht nur sauber und rein, sondern auch keimfrei
Gereinigte Dichtungen sind also schon seit geraumer Zeit Usus in der Anwendungstechnik. Reinigung entwickelt sich zu einem wertschöpfenden Prozess und auch Dichtungen werden seither systematisch gereinigt. Doch wo bisher technische Sauberkeit oder LABS-Freiheit genügten, fragen Kunden seit Beginn der Pandemie vermehrt nach keimfreien Bauteilen. Mit mehrstufigen Reinigungsprozessen, Plasma und speziell ausgelegten Prozessparametern werden Dichtungen auch dieser Anforderung gerecht. Dabei geht es keineswegs um gesonderte Sterilisationsprozesse. Vielmehr werden bestehende Reinigungsprozesse angepasst, um zusätzlich Keimfreiheit zu erreichen.
Desinfizierte und sterilisierte Bauteile sind bislang jedoch meist der Pharma- und Medizintechnik vorbehalten. Doch mit der Pandemie 2019 kommt der Wunsch nach keimfreien Dichtungen auch in anderen industriellen Bereichen auf. Im Gegensatz zur Pharma- und Medizintechnik fordern Industriekunden jedoch weder Reinräume noch Schleusen von ihren Reinigungsdienstleistern, denn solche Vorkehrungen würden bei Dienstleistern die Kosten in unnötige Höhen treiben. Auch legen Anwender Wert auf zusätzliche, industrielle Sauberkeit und hoffen daher auf Komplettlösungen. In solchen Fällen sind deshalb kombinierte Prozesse gefragt, um Keimfreiheit mit technischer Sauberkeit, LABS-Freiheit oder anderen industriellen Sauberkeitsvorgaben zu verbinden.
Mit Plasmatechnik geht’s ins Eingemachte
Im Niederdruck-Plasmaverfahren wird unter Vakuum durch Energiezufuhr Sauerstoff angeregt. Bei diesem so genannten Microblasting bilden sich Sauerstoffradikale und Ozon. Reaktive Rückstände von Fertigungshilfsstoffen wie Öl, Fett und Trenn- oder Kühlmittel oxidieren und werden als Gas (CO, CO2, H2O) oder Stäube extrahiert. So werden nicht nur verbliebene oberflächliche Fertigungshilfsmittel entfernt, sondern auch diffundierte, ungebundene Mischungsbestandteile wie Weichmacher aus Elastomeren herausgelöst.
Die Spezialisten des Unternehmens OVE Plasmatec aus Weil im Schönbuch sind gefragt, wenn es um technische Sauberkeit geht. Spezialgebiet ist dabei vor allem die Reinigung von Elastomeren. Neben Verfahren zur Nassreinigung hat OVE die Plasmareinigung zur Erzeugung LABS-Konformer Oberflächen zu einem hochwirksamen Verfahren entwickelt. Weil sie das in den 1990er Jahren überhaupt erst in den Bereich der Elastomere transferiert haben, gelten sie in der Branche als Pioniere mit großer Erfahrung.
Sind die Dichtungen gereinigt, entsprechen Sie in den allermeisten Fällen den geforderten Anwendungen. Je nach Anspruch kommt man mit der entsprechenden Reinigungsstufe zu den gewünschten Ergebnissen. Ein zuverlässiger Dienstleister legt dabei auch noch viel Wert auf den Versand, ein kundenspezifisches Labeling oder Just-in-Time-Anlieferungen.
Wer beschichten kann, spielt in der Champions League
In die Champions League steigen Dienstleister auf, wenn sie neben den qualitativ hochwertigen Reinigungsstufen auch noch zusätzlich Beschichtungen anbieten können. Beschichtungen können ganz gezielt einzelne Funktionen der Dichtungen verändern. So können sie beispielsweise Reibwerte senken und so die Montage erleichtern und in dynamischen Anwendungen die Laufleistung erhöhen. Sie können den Verschleiß reduzieren und so Standzeiten erhöhen. Neueste Beschichtungen können Dichtungen sogar leitfähig machen und elektrostatische Aufladung ableiten. Statische Aufladung von Bauteilen ist unerwünscht und kann zu unerfreulichen und sogar schädlichen Effekten führen.
Gute Werte in allen drei Belangen zeigt ein neu entwickelter, wasserbasierter Gleitlack. Die neue Beschichtung OVE40SL reduziert laut OVE Plasmatec auf Elastomeren Reibwerte um 75 % und erhöht zugleich die Verschleißfestigkeit. Messungen zeigten, dass sich der Verschleiß um bis zu 99 % reduzieren kann. Weil die Beschichtung auch leitfähig ist, wirkt sie gegen elektrostatische Aufladung. Das erleichtert die Handhabung von Dichtungen und ermöglicht so die sichere Vereinzelung und Zuführung in automatisierten Montageprozessen.