Das physikalische Schaumspritzgießen bietet vielfältige Möglichkeiten, um den CO2-Fußabdruck durch Einsparungen bei Material und Energie zu reduzieren. Dass dies auch bei anspruchsvollen Sichtteilen gelingt, zeigt der Maschinenbauer anhand eines Ablagetischs für Lkw und Nutzfahrzeuge.
MuCell kann, was derzeit gefragt ist: bei Material, Energieverbrauch und Investitionskosten sparen – und dadurch den CO2-Fußabdruck von Produkten spürbar senken. Werden diese Leichtbauartikel im Automobil eingesetzt, reduziert sich später zusätzlich der Kraftstoffverbrauch. Auf der Fakuma demonstriert KraussMaffei mit seinen Partnern auf einer vollelektrischen PX 321-1400, dass dies auch bei komplexen Sichtteilen gelingt, die bisher weniger im Fokus der facettenreichen Technologie standen. Einen wichtigen Part spielt dabei die neue Universalschnecke.
KraussMaffei hat für MuCell die neue Schnecke HPS-Physical Foaming mit längerem Dreizonenbereich geschaffen, die für alle Kunststoffe (mit und ohne Faserverstärkung) universell einsetzbar ist und über eine bis zu 30 % gesteigerte Plastifizierleistung verfügt. Dadurch wird es möglich, kleinere Schneckendurchmesser als bisher zu wählen, wodurch Invest und Betriebskosten für die Plastifiziereinheit deutlich sinken, oder mit gleicher Schneckengröße mehr Ausstoß zu generieren.
Durch die Entwicklungsarbeit verfügt KraussMaffei über weitreichende Expertise hinsichtlich aller auf dem Markt befindlichen MuCell-Schneckendesigns und konnte mit Hilfe eines modularen Systems Varianten der vorderen und mittleren Rückstromsperren sowie eingängige und zweigängige Dreizonenbereiche testen. Auch die Maschinenfunktion APCplus wurde weiterentwickelt und kommt nun erstmals bei gasbeladener Schmelze zum Einsatz. APCplus verschiebt von Schuss zu Schuss den Umschaltpunkt und das Nachdruckprofil aufgrund der ermittelten Schmelzeviskosität. Das Ergebnis sind extrem gewichtskonstante Bauteile.Zuverlässiges Partnernetzwerk
Die Messeanwendung, ein Ablagetisch für LKW und Nutzfahrzeuge, bietet einige weitere technische Highlights, die zeigen, dass physikalisches Schäumen auch für Bereiche interessant ist, die man bisher vielleicht weniger im Auge hatte. Dafür arbeitete ein Team von kompetenten Projektpartnern zusammen. Es beginnt bei der Oberflächendekorierung per In Mold Labelling, für die Isosport, Eisenstadt (Österreich), eine geeignete Folie lieferte, die Blasenbildung durch den ausgasenden Stickstoff vermeidet. Für das Werkzeug spielte Wirth Werkzeugbau, Helmbrechts, sein Können aus, etwa beim Öffnungshub, mit dem man höchstmögliche Schäumgrade erzielen kann. In der Regel sind dabei Tauchkanten nötig, doch Wirth konnte aufgrund seines Know-hows darauf verzichten. Bei Werkzeugen für MuCell ist die präzise Kühlung besonders wichtig, um den sogenannten Post-Blow-Effekt zu vermeiden. Dabei treten – wenn die Schmelze im Bauteilinneren noch zu heiß ist – nachträglich Blasen an die Oberflächen und machen das Teil unbrauchbar. Bei der Messeanwendung sorgen spezielle Werkzeugkühlkanäle für eine gleichmäßige Kühlung an der Oberfläche – ohne Variothermie – und vermeiden sicher Hot Spots.Makellose Sichtflächen ohne Schlieren
Neben der Kühlung trägt die Narbung von Reichle, Bissingen/Teck, entscheidend dazu bei, makellose Sichtflächen an den geschäumten Bauteilen zu erzielen. Voraussetzung für die schlierenfreie Optik ist auch ein geeignetes Material. Partner LyondellBasel verfügt über viel Erfahrung mit Polyolefinen im Sichtbereich geschäumter Bauteile und beliefert damit bereits OEMs.
Zusätzlich zur Kühlung im Werkzeug braucht es ein effizientes maschinenseitiges Temperiersystem, das Jurke Engineering bereitstellt. Orca misst die Durchflussgeschwindigkeit und -menge per Ultraschall – von außen und ohne Kontakt zum Medium. Durch die präzise Temperaturführung wird die Zykluszeit optimiert.
Mit dem Partner Trexel arbeitet KraussMaffei schon seit 2001 erfolgreich zusammen. Von ihm kommt die Dosieranlage, die vollständig in die MC6-Steuerung von KraussMaffei integriert ist und somit eine einfache und übersichtliche Handhabe garantiert. Im Bedarfsfall werden auch Satelliten-Lösungen angeboten, die es erlauben, mit einem Kompressor mehrere Maschinen – alle vollintegriert – mit dem nötigen Gas zu versorgen.
Ausgefeilte Automation
Ein Linearroboter LRX 150 von KraussMaffei entnimmt den Folienrohling aus einer Schublade, in der vier verschiedene Folientypen bereitgestellt werden können. Anschließend legt der Roboter die ausgewählte Folie auf der Reinigungsstation ab, wo mithilfe einer Reinigungsbürste des Partners Wandres, Stegen, und dem dazu passenden Absaugsystem von ESTA, Senden, alle Partikel bzw. Verunreinigungen entfernt werden. Parallel zum Reinigungsprozess führt der Robotergreifer eine Drehung aus, sodass saubere Sauger die gereinigte Folie wieder aufnehmen.
Danach wird mit dem „Etagengreifer“ die Folie in das Werkzeug eingelegt und das Fertigteil entnommen. Nach dieser Entnahme erfolgt nun die Handshake-Übergabe an einen zweiten Roboter für eine Schaumstrukturprüfung des Bauteils durch ein Kontrollsystem von Teratonics, Orsay (Frankreich). Es erlaubt insbesondere, die kompakte Randschicht und die räumliche Verteilung des MuCell-Schaums im Inneren des Bauteils darzustellen und die blasenfreie Herstellung zu erfassen. Nach Abschluss dieser Prüfung wird das Bauteil auf ein Transportband abgelegt und aus der Automationsanlage gefördert.Sämtliche Daten werden erfasst
Alle Daten zum Spritzprozess und zur Strukturprüfung werden dabei Schuss für Schuss vom easyTrace 2.0 System gesammelt und auf einem Bildschirm angezeigt. Zusätzlich erscheint ein QR-Code, unter dem alle Prozessparameter für dieses individuelle Bauteil abgelegt sind. easyTrace 2.0 agiert dabei als Schnittstellensystem, welches sämtliche Daten aller Prozessteilnehmer sammelt und als Dolmetscher für kundenseitig vorhandene MES- oder ERP Systeme wirkt.