Der Spezialist für motion plastics baut sein Fahrradkomponenten-Geschäft weiter aus und hat einen im Spritzgießverfahren gefertigten Fahrradrahmen aus Composite-Material für Advanced Bikes präsentiert.
Nach dem RCYL Bike, einem Fahrrad aus 50 % recycelten Fischernetzen, hat igus, Köln, für den deutschen E-Bike-Hersteller Advanced Bikes, Offenbach, erstmals einen Fahrradrahmen aus recycelbarem Composite-Material entwickelt, der im Spritzgießverfahren gefertigt wird.
2023 wurden in Deutschland erstmals mehr E-Bikes als klassische Fahrräder verkauft. Grund dafür ist nicht zuletzt das wachsende Bewusstsein für Umweltschutz. Das Problem: 90 % der heutigen Fahrradrahmen bestehen aus Aluminium oder Carbon, werden in sehr energieintensiven Verfahren produziert und landen am Ende ihrer Lebensdauer auf riesigen Fahrrad-Müllhalden. Um die Transformation zur Kreislaufwirtschaft voranzutreiben, setzt der E-Bike-Hersteller Advanced Bikes für seine zukünftige Rahmenproduktion auf igus. Gemeinsam haben die Unternehmen jetzt einen nachhaltigen Fahrradrahmen aus Composite-Material entwickelt, der im neuen Trekking-E-Bike Reco Urban zum Einsatz kommen soll. „Der Anspruch von Advanced war es, einen Rahmen aus einem Verbundmaterial mit 100 Prozent recycelbarem Kunststoff im Spritzgussverfahren zu fertigen“, erinnert sich Jan Philipp Hollmann, Head of Bike Components bei igus. „Da wir bereits seit über 30 Jahren Komponenten wie Gleitlager, Gelenkköpfe, Zahnräder und Führungsschienen für die Fahrradindustrie entwickeln und produzieren, nahmen wir die Herausforderung sofort an, Advanced beim Design des Fahrradrahmens zu unterstützen und sowohl Entwicklung als auch Werkzeugbau und Spritzguss zu übernehmen.“
Mit Carbonfasern verstärkt
Damit der Rahmen ausreichende Festigkeit, Steifigkeit und ein geringes Gewicht hat, verwendet igus einen Verbundwerkstoff in Granulatform, bestehend aus Hochleistungskunststoffen und Carbon-Fasern. Zudem fertigte igus innerhalb weniger Wochen ein vielteiliges Spritzgießwerkzeug für die komplexe Geometrie des Fahrradrahmens. Das Ergebnis: Ein 3,3 kg leichter, in einem Teil gespritzter Fahrradrahmen – ohne Schweißnähte, korrosionsbeständig, langlebig und extern geprüft. Die Produktion in Deutschland ermöglicht kurze Lieferwege und eine bedarfsgerechte Just-in-time-Produktion. igus ist zudem in der Lage, ausgediente Rahmen über das eigene Recycling-Programm chainge zu regranulieren, um das Material wieder dem Wertstoffkreislauf zuzuführen. „In Zukunft wollen wir auch andere recycelbare Fahrradkomponenten wie Gepäckträger, Felgen, Speichen und Sattelstützen im Spritzgießverfahren fertigen lassen“, erklärt Helge von Fugler, Gründer und Geschäftsführer von Advanced. „Nur so kann ein komplett kreislauffähiges E-Bike Wirklichkeit werden.“
Komponenten aus schmierfreien High-Performance-Kunststoffen
Aktuell produziert igus am Hauptsitz in Köln Fahrradrahmen in zwei verschiedenen Verfahren. Durch Spritzgießen werden sowohl modulare als auch Rahmen in einem Stück hergestellt. Dazu kommen im Rotomolding-Verfahren gefertigte Rahmen – zum Beispiel für das eigene RCYL Bike. Aber auch für igus bleibt es nicht allein bei Fahrradrahmen. Das tiefe Know-how in der Kunststoff-Verarbeitung und die neuen Entwicklungserfahrungen fließen jetzt auch in neue Fahrradkomponenten ein – von Laufrädern über Kurbeln und Lenker bis hin zum Planetengetriebe. Große und kleinere Serienfertigungen können so kostengünstig realisiert werden – und das „made in Cologne“. Zudem sind die Komponenten aus High-Performance-Kunststoff leichter, schmier- und korrosionsfrei. Anwender können also problemlos zum Hochdruckreiniger greifen, denn es wird kein Schmiermittel ausgespült und es kann nichts rosten.
Hohe Sicherheit dank zahlreicher Testversuche
Bevor sie zum Einsatz kommen, testet igus alle Komponenten ausgiebig. 135 Billionen Testzyklen und 15.000 Versuche finden jährlich im 4.000 m² großen Testlabor in Köln statt. 250 m² davon sind allein für die Prüfstände, auf denen alle Fahrradkomponenten getestet werden. Das gilt auch für den neuen Reco-Rahmen. Hollmann erklärt: „Wir werden die ersten spritzgegossenen Fahrradrahmen mit Computertomografie auf mögliche Probleme wie Lufteinschlüsse im Composite-Material prüfen und alle relevanten Rahmentests in unserem Prüflabor durchführen.“ Kunden erhalten von Advanced eine Garantie von 30 Jahren. Für hohe Sicherheit setzt igus daher auf eine Vielzahl an Prüfverfahren. „Diese sind angelehnt an Normtests, zum Beispiel des EFBE und des TÜV“, betont Hollmann. „Darüber hinaus führen wir auch eigene Testverfahren durch – zum Beispiel in unserer Klimakammer.“ Mit den dabei gewonnenen Daten können präzise Aussagen zur Lebensdauer der igus Werkstoffe unter unterschiedlichen Umweltbedingungen getroffen werden.
Vom Design bis zum fertigen Produkt
„Mit unseren Fahrradkomponenten aus Hochleistungskunststoff bieten wir der Fahrradindustrie Zugang zu einer ganz neuen Technologie“, so Hollmann. „So sprechen wir auch OE-Hersteller an, die ihre eigenen Ideen und Designs innovativ mit uns umsetzen möchten.“ Durch die Verwendung von Kunststoff können Entwickler Design und Geometrie komplett neu denken. Und bei igus erhalten sie zudem alles aus einer Hand: vom Design über Forschung und Entwicklung, Werkzeugbau, Compoundierung, Tests und Produktion bis hin zum Recycling. Dank Just-in-time-Produktion ist igus schnell lieferfähig, Lagerkapazitäten beim Kunden können verkleinert werden. Das Geschäft ist durch die Produktion auf Bestellung planbarer und rentabler.