Mehr als 70.000 Maschinen bei rund 10.000 Kunden – das sind Kennziffern, mit denen der Spritzgießmaschinenhersteller Engel zu Beginn seiner K 2019-Medienvorschau auf die Erfolgsgeschichte seiner Holmlostechnik aufmerksam machte. Sie […]
Mehr als 70.000 Maschinen bei rund 10.000 Kunden – das sind Kennziffern, mit denen der Spritzgießmaschinenhersteller Engel zu Beginn seiner K 2019-Medienvorschau auf die Erfolgsgeschichte seiner Holmlostechnik aufmerksam machte. Sie begann vor 30 Jahren mit der Erstpräsentation auf der K 1989. Wie keine andere Bauart vereinten die holmlosen Spritzgießmaschinen hohe Wirtschaftlichkeit und Effizienz mit maximalem Ressourcenschutz.
Bedeutendste Serie im Maschinenprogramm
Rund 2.700 holmlose Maschinen werden heute jährlich im oberösterreichischen Stammwerk Schwertberg gefertigt, weitere 700 bis 800 im südkoreanischen Produktionsstandort, wie CEO Dr. Stefan Engleder auf Nachfrage bekanntgab. Mit – nach Stückzahl – mehr als der Hälfte aller hergestellten Maschinen seien die Holmlosen die erfolgreichste Maschinen im Engel-Programm.
Der große und anhaltende Erfolg war der Holmlostechnik allerdings nicht in die Wiege gelegt. Als Engel als erster Spritzgießmaschinenbauer weltweit in Düsseldorf eine Spritzgießmaschine mit holmfreier Schließeinheit präsentierte, wurde die Innovation vielfach bestaunt, aber auch mit großer Skepsis beäugt. Viele Argumente schienen gegen dieses neue Konstruktionsprinzip zu sprechen. Es galt bis dahin als unverrückbarer Grundsatz, dass die Schließeinheit einer Spritzgießmaschine vier Holme haben muss.
Dabei gaben die Verarbeiter selbst den Denkanstoß zur neuen Lösung. Vor allem beim Einsatz großer Werkzeuge schränken die Holme die Designfreiheit der Werkzeugbauer ein, und der Ein- und Ausbau der Werkzeuge durch die vier Holme hindurch gestaltet sich aufwändig. „Bereits in den 1980er Jahren ließen sich diese Einschränkungen nicht mit der Forderung nach mehr Effizienz in der Fertigung unter einen Hut bringen“, betont Stefan Engleder, CEO der Engel-Gruppe.
Der hochflexible Werkzeugbereich und einfache Werkzeugwechsel, den die holmlose Maschine bietet, reizten deshalb auch die Skeptiker, das unkonventionelle Konstruktionsprinzip zu testen. Schnell war das Interesse der Branche so groß, dass die holmlose Maschine zur vorherrschenden Bauart in Schwertberg wurde. Innerhalb weniger Jahre entwickelte sich eine komplette Baureihe, die aufgrund ihres unaufhaltsamen Siegeszugs den Namen victory erhielt.
Kleinere Maschinen für mehr Ressourcenschutz
„Der Markt erkannte schnell, dass die barrierefreie Schließeinheit nicht nur das Rüsten vereinfacht“, berichtet Dr. Gerhard Dimmler, Leiter Forschung und Entwicklung Produkte. „Weitere Vorteile der Holmlostechnik sind eine höhere Ergonomie bei allen manuellen Arbeiten im Werkzeugraum, flexiblere Automatisierungskonzepte, da der Roboter direkt von der Seite aus die Kavitäten erreichen kann, und kompaktere Fertigungszellen mit niedrigeren Investitions- und Betriebskosten.“ Der Schlüssel zur Steigerung der Flächenproduktivität liegt in den besonders großen Werkzeugaufspannflächen. Da keine Holme stören, lassen sich die Aufspannplatten bis an den Rand vollständig ausnutzen. Große Werkzeuge passen dadurch auf vergleichsweise kleine Maschinen. „In vielen Fällen kann eine um eine bis zwei Schließkraftklassen kleinere Maschine ausgewählt werden, als es die Werkzeuggröße bei einer klassischen Holmmaschine erfordern würde“, betont Franz Pressl, Produktmanager für die hydraulischen Holmlosmaschinen. „Eine kleinere Maschine benötigt weniger Energie und Kühlmedien und trägt damit entscheidend zur Ressourcenschonung bei. Ein weiteres Plus ist die optimale Ausnutzung der Produktionsfläche, da oftmals mehr Maschinen in eine Produktionshalle passen. „Es ist beeindruckend, wie viele unserer Kunden das Potenzial der Holmlostechnik voll ausschöpfen und dadurch einen signifikanten Wettbewerbsvorteil erlangen“, so Engleder.
Besonders groß sei das Effizienzpotenzial zum Beispiel beim Einsatz von Mehrkavitätenwerkzeugen, bei Mehrkomponentenprozessen mit Kernzügen und Schiebern im Werkzeug oder auch beim foammelt Schaumspritzgießen. Diese Anwendungen haben gemeinsam, dass sie im Verhältnis zum Werkzeugvolumen wenig Schließkraft erfordern.
Gleichmäßige Flächenpressung über gesamte Aufspannplatte
Dank der konsequenten Patentierung auch aller Weiterentwicklungen hält Engel mit der Holmlostechnik bis heute ein Alleinstellungsmerkmal. Wichtige Meilensteine betreffen unter anderem das Gelenk an der beweglichen Aufspannplatte, das in der aktuellen Maschinengeneration unter dem Namen Force Divider eingesetzt wird. Der Force Divider stellt sicher, dass die bewegliche Aufspannplatte während des Schließkraftaufbaus dem Werkzeug in perfekter Parallelität folgt und die Schließkraft gleichmäßig über die gesamte Werkzeugaufspannfläche verteilt wird. Kavitäten im Randbereich erfahren auf diese Weise in der Trennebene die gleiche Flächenpressung wie Kavitäten in der Mitte, was selbst beim Verarbeiten niedrigviskoser Flüssigsilikone die Gratbildung verhindert.
Wirtschaftliche Standards für spezifische Anforderungen
Die Holmlostechnik stelle sich immer wieder neu auf die sich verändernden Anforderungen der Verarbeiter ein, unterstrich Engel. Wichtige Meilensteine seien die Markteinführung der Hybridmaschine e-victory mit elektrischer Spritzeinheit 2004 und die 2008 vorgestellte und inzwischen serienmäßige Servohydraulik ecodrive und die aktuelle Spritzeinheitengeneration, die seit 2016 die Verarbeitungspräzision und Effizienz hydraulischer Maschinen weiter steigere. Die hydraulischen und hybriden Maschinen sind mit 280 bis 5.000 kN Schließkraft im Programm.
Seit 2013 hat Engel auch vollelektrische Holmlose im Programm, deren zweite Generation als Baureihe e-motion TL mit 300 bis 1.200 kN gezielt für die Herstellung von optischen und elektronischen Präzisionsbauteilen entwickelt wurde. Sie hat sich in der Consumer Electronics Industrie unter anderem für Linsen und Dichtungen für Smartphones sehr gut etabliert.
Engel auf der K 2019: Halle 15, Stand C58