Wie sich so genannte Paper Pearls anstelle herkömmlicher Kunststoffgranulate auf Standardmaschinen prozesssicher spritzgießen lassen, hat der Maschinenbauer kürzlich demonstriert. Der in der Steuerung integrierte RecyclatePilot gleicht dabei Material- und Chargenschwankungen aus.
Das spezielle Spritzgießverfahren ermöglicht neue Anwendungen und Produkte auf Basis von Papierfasern in Branchen wie z. B. der Möbelindustrie. Exemplarisch zeigte Arburg, Loßburg, die Fertigung von Positionier-Tools für Möbelverbinder auf einem elektrischen Allrounder 370 A. Erste Kunden aus der Möbelbranche, der Kosmetikindustrie sowie dem Haushaltwaren- und Spielwarenbereich hätten das Potenzial des innovativen Verfahrens bereits für sich erkannt, heißt es beim Maschinenbauer.
Die aus Paper Pearls spritzgegossenen Positionier-Tools sind nachhaltig, stabil und nach Gebrauch einfach kompostierbar. (Foto: Arburg)
Papierfasern statt Erdöl
Das Papierspritzgießen und die Entwicklung der Paper Pearls hat Arburg gemeinsam mit dem Papier- und Kartonagenhersteller Model vorangetrieben. Die Technologie vereint die lange Tradition des Papiers mit moderner Spritzgießtechnologie und weitet somit die Bandbreite an zukunftsfähigen und umweltfreundlichen Spritzgießprodukten für unterschiedlichste Anwendungsfelder aus.
Der Fasergehalt der Paper Pearls beträgt über 50 %. Der Hauptbestandteil sind primäre und sekundäre – also neue oder recycelte – Papierfasern, die mit biobasiertem und bioabbaubarem Kunststoff spritzgießfähig gemacht werden. Auf Kunststoffe auf Basis von Erdöl kann komplett verzichtet werden. Aufgrund des hohen Fasergehalts sollten die Endprodukte eine Mindestwandstärke von 3 mm aufweisen. Weil sie keinerlei störende Zusatzstoffe enthalten, können sie nach Gebrauch problemlos der Gartenkompostierung zugeführt werden.
Elektrische Maschinentechnik
Auf der Fakuma 2024 demonstrierte eine energieeffiziente Produktionszelle rund um einen elektrischen Allrounder 370 A Comfort mit 600 kN Schließkraft die prozessstabile und zuverlässige Fertigung der Spritzteile aus Paper Pearls. Die eingesetzte Gestica-Steuerung verfügt über mehrere Assistenzfunktionen. Der aXw Control EnergyAssist bündelt alle wesentlichen Funktionen von Plastifizierzylinder und Werkzeug. Dies sorgt für das angepasste Ein- und Ausschalten aller Heizzonen, reduziert den Energiebedarf in der Aufheizphase und ermöglicht eine energieeffiziente Fertigung.
Hergestellt wurden die Slot-Locks im Papierspritzgießen auf einer Fertigungszelle rund um einen elektrischen Allrounder 370 A. (Foto: Arburg)
Das Exponat fertigte mit einem 2-fach-Werkzeug der Firma Lercher in rund 60 s Zykluszeit die Positionier-Tools Slot-Lock. Diese Bauteile werden üblicherweise aus herkömmlichem Kunststoff gefertigt und kommen als Montagehilfe beim Zusammenbau von Möbeln zum Einsatz. Das Gewicht der Papierspritzteile beträgt 19,7 g. Ein lineares Robot-System Multilift Select 8 entnimmt die Teile aus dem Werkzeug und legt sie auf ein Förderband ab. Das nachhaltige Endprodukt aus Paper Pearls ist stabil und nach Gebrauch einfach kompostierbar.
RecyclatePilot gleicht Schwankungen aus
Der aXw Control RecyclatePilot in der Gestica-Steuerung sorgt für eine gleichbleibend konstante Formfüllung und eine stabile Verarbeitung von alternativen Materialien, indem er Material- und Chargenschwankungen ausgleicht. Die digitale Assistenzfunktion eignet sich für die Verarbeitung von anspruchsvollen Kunststoffen und insbesondere von Post-Industrial- (PIR) und Post-Consumer-Rezyklaten (PCR). Auch im Fall von Chargenschwankungen oder bei inhomogener oder ungleichmäßig getrockneter Neuware bietet der RecyclatePilot gute Unterstützung im Spritzgießprozess und kann zur Reduktion der Ausschussrate beitragen.
Eine weitere Pilotfunktion dieser Anwendung ist der aXw control PressurePilot, der für eine bionisch optimierte Druckregelung sorgt und damit Unterfüllungen oder Gratbildung vermeidet.
