27.05.2024
Im Einsatz bei Akroh

Flexible Spritzgießtechnik

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Lesedauer: 10 Minuten.
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Das niederländische Unternehmen produziert Kunststoffprodukte u.a. für die Segmente Agrar, Automobil und Gesundheit. Zu den bevorzugten Spritzgießmaschinentypen im Werk gehören die MacroPower-Anlagen von Wittmann.

Akroh Industries B.V., Zwolle (Niederlande), hat kürzlich mit einer MacroPower 2000 von Wittmann, Kottingbrunn (Österreich), die mit 20.000 kN Schließkraft größte jemals dort in Betrieb genommene Spritzgießmaschine installiert. Das Familienunternehmen schlägt mit dieser Investition ein neues Kapitel auf. Nach der massiven Erweiterung des Maschinenparks soll nun der Geschäftsbereich Lohnspritzgießen, der heute rund 20 % des Umsatzes generiert, wachsen. „Wir bauen das Angebot für unsere Kunden sukzessive aus“, betont Arend-Jan Horst, Inhaber und Geschäftsführer von Akroh.

Die MacroPower gehört zum bevorzugten Maschinentyp im Akroh-Produktionswerk. (Foto: Wittmann)

Die MacroPower gehört zum bevorzugten Maschinentyp im Akroh-Produktionswerk. (Foto: Wittmann)

Mit inzwischen 27 Spritzgießmaschinen in einem breiten Schließkraftspektrum hat sich der Maschinenpark seit dem Umzug in das neue Gebäude vor drei Jahren fast verdoppelt. „Wir sind jetzt eine moderne Fabrik“, sagt Horst nicht ohne Stolz, denn die gesamte Familie leistet einen Beitrag zum Geschäftserfolg. Ehefrau Olga und Sohn Jorn sind unter anderem für die Buchhaltung zuständig. Jorns Bruder Robbert ist als Operator für die Spritzgießmaschinen im Werk verantwortlich.

Höchste Reproduzierbarkeit für besonders robuste Produkte

Seit der Gründung des Unternehmens 1956 hat sich das Produktprogramm mehrfach gewandelt und diversifiziert. Ein starker Fokus der eigenen Produkte sind heute Anwendungen in der Landwirtschaft. Ausrüstung für die Viehhaltung und Milchwirtschaft sowie Traktorkomponenten haben die Marke Akroh vor allem in Europa bekannt gemacht. Über den Agrarhandel liefert das Unternehmen inzwischen in weltweit 60 Länder mehr als 7000 unterschiedliche Produkte und Produktvarianten. Mehr als 600 Spritzgießwerkzeuge sind aktiv im Einsatz.

Akroh Chef Arend-Jan Horst (l.) präsentiert die Futterschaufeln gemeinsam mit Michel van der Motten, Geschäftsführer von Wittmann Benelux, im Showroom des neuen modernen Produktionsgebäudes im niederländischen Zwolle. (Foto: Wittmann)

Akroh Chef Arend-Jan Horst (l.) präsentiert die Futterschaufeln gemeinsam mit Michel van der Motten, Geschäftsführer von Wittmann Benelux, im Showroom des neuen modernen Produktionsgebäudes im niederländischen Zwolle. (Foto: Wittmann)

Ein Beispiel sind große schwarze Schaufelblätter, die auf einer Spritzgießmaschine MacroPower 850 hergestellt werden. Montiert an einen Holzstiel und versehen mit einem Griff, der ebenfalls aus Kunststoff spritzgegossen wird, kommen später als Futterschaufeln in den Handel. Die großen Bauteile mit einem Schussgewicht von 1.000 Gramm werden in einem Einkavitätenwerkzeug mit einer Zykluszeit von 30 s produziert. Sie bestehen aus Polypropylen in High-Impact-Ausführung, denn im rauen Alltag im Stall und auf dem Feld müssen sie einiges aushalten. Zwischen Sommer und Winter können die Umgebungstemperaturen von -10 bis +40 °C schwanken, ohne dass die Stabilität der Schaufeln leiden darf.

Die Schaufelblätter der Futterschaufeln werden auf einer Spritzgießmaschine MacroPower 850 produziert. (Foto: Wittmann)

Die Schaufelblätter der Futterschaufeln werden auf einer Spritzgießmaschine MacroPower 850 produziert. (Foto: Wittmann)

„Bei der MacroPower können wir uns darauf verlassen, eine konstant hohe Qualität zu produzieren“, betont Arend-Jan Horst und zeigt eine weitere MacroPower-Maschine, die im Kundenauftrag große Pflanzgefäße spritzt. „Hier sind die Anforderungen noch höher“, erklärt er. „Die Wanddicke beträgt nur 1,5 mm und dennoch erzielen wir eine sehr hohe Maßhaltigkeit.“ Dies sei bei der Spritzgießmaschine eines chinesischen Fabrikats, die Akroh vor einigen Jahren testweise kaufte, nicht gegeben. Gerade bei dünnwandigen Bauteilen, die hohe Einspritzdrücke erfordern, stoße die Sensorik der chinesischen Maschine schnell an ihre Grenzen.

Ein zusätzlicher Pluspunkt der MacroPower im direkten Maschinenvergleich ist ihr geringer Stellflächenbedarf. Dank Zwei-Platten-Technik baut die MacroPower sichtbar kürzer. Die Stellfläche der Produktionszellen ist generell ein großes Thema. Auch bei der Automatisierung achtet Akroh auf eine kompakte Anordnung. So wurde bewusst entschieden, die neue große 20.000-t-Maschine mit einem Linearroboter auszurüsten. Im Gegensatz zu einem Sechsachsroboter, der neben der Maschine zusätzliche Stellfläche beanspruchen würde, ist der WX173-Linearroboter von Wittmann oberhalb der Schließeinheit direkt auf der Maschine montiert. Für eine maximale Flexibilität bei der Teileentnahme integrierte Wittmann für seinen Kunden zwei zusätzliche Servodrehachsen. Dank Servo-C-Achse kann je nach Werkzeug flexibel zwischen der Entnahme auf der bewegten und auf der feststehenden Werkzeugaufspannplatte gewechselt werden.

Arend-Jan Horst, Michel van der Motten und Robbert Horst (v. l.) freuen sich über die soeben eingetroffene Spritzgießmaschine MacroPower 2000. (Foto: Wittmann)

Arend-Jan Horst, Michel van der Motten und Robbert Horst (v. l.) freuen sich über die soeben eingetroffene Spritzgießmaschine MacroPower 2000. (Foto: Wittmann)

MeltPro-Schnecke und HiQ Flow als Erfolgsduo

Einen weiteren Beitrag zur durchgehend hohen Qualität der Spritzgießteile leisten die Plastifiziereinheiten in den Wittmann-Maschinen. „Wir haben alle jüngst gelieferten Maschinen mit MeltPro-Barriereschnecken ausgestattet und inzwischen auch die bestehenden Maschinen nachgerüstet“, berichtet Michel van der Motten, Geschäftsführer von Wittmann Battelfeld Benelux. Akroh hat sich mit dieser Maßnahme für die Zukunft gut aufgestellt, denn der Anteil an Rezyklat im verarbeiteten Materialspektrum steigt an. Bei hohen Rezyklatanteilen musste Akroh beim Einsatz einer Maschine mit einer Standard-3-Zonen-Schnecke die Plastifizierzeit verlängern, um eine ausreichend hohe Homogenität der Schmelze zu erreichen. „Bei einigen Produkten wären wir damit nicht mehr wirtschaftlich“, betont Horst.

Die Ankunft der neuen Spritzgießmaschine MacroPower 2000 wird mit Sahnetorten gefeiert (v. l.): Michel van der Motten (Wittmann Battenfeld Benelux) sowie Robbert Horst, Jorn Horst und Arend-Jan Horst, die gemeinsam zwei Inhabergenerationen repräsentieren. (Foto: Wittmann)

Die Ankunft der neuen Spritzgießmaschine MacroPower 2000 wird mit Sahnetorten gefeiert (v. l.): Michel van der Motten (Wittmann Battenfeld Benelux) sowie Robbert Horst, Jorn Horst und Arend-Jan Horst, die gemeinsam zwei Inhabergenerationen repräsentieren. (Foto: Wittmann)

Zusätzlich unterstützen die intelligenten Assistenzsysteme aus der HiQ-Produktreihe von Wittmann bei der Rezyklatverarbeitung. Die Software HiQ Flow ermittelt in der Einspritzphase eines jeden Zyklus die Viskosität der Kunststoffschmelze. Kommt es zu einer Abweichung vom vordefinierten Sollwert, kompensiert die Maschine automatisch und noch im selben Schuss das Einspritzvolumen. Das Ergebnis sind zu 100 % Gutteile.

Gerade bei recycelten Kunststoffmaterialien schwankt der MFI von Charge zu Charge mitunter stark. „Mit unseren Wittmann Maschinen können wir trotzdem hohe Rezyklatanteile streifenfrei verarbeiten“, sagt Horst. „Seit der Umstellung auf MeltPro-Schnecken und HiQ Flow haben wir keinen produktionsbedingten Ausschuss mehr.“ Einige Pflanzgefäße werden bereits vollständig aus Recyclingmaterial hergestellt. Bei den Futterschaufeln werden aktuell zehn Prozent Rezyklat beigemischt. Dabei handelt es sich um Mahlgut, das inhouse aus Angüssen und Anfahrausschussteilen erhalten wird.

„Produktionsabfälle im Kreislauf zu halten, ist für uns inzwischen wesentlich, damit wir mit unseren Preisen wettbewerbsfähig sind“, betont Arend-Jan Horst. „Bei den Agrarprodukten haben wir starke Mitbewerber in China, Indien und Pakistan – da geht es immer um die Stückkosten.“

Digitalisierung sichert hohe Produktivzeit

Die neue MacroPower 2000 ist die bislang größte Spritzgießmaschine im Maschinenpark von Akroh. (Foto: Wittmann)

Die neue MacroPower 2000 ist die bislang größte Spritzgießmaschine im Maschinenpark von Akroh. (Foto: Wittmann)

„Unsere Kunden kaufen bei uns, weil wir eine sehr hohe Qualität liefern, flexibel auf Kundenwünsche eingehen und dennoch nicht teurer als die Asiaten sind“, erklärt der Manager. „Der Preis, den wir dafür zahlen, ist ein ewiger Prozessoptimierungsflow.“ Eine durchgehend hohe Zuverlässigkeit und Stabilität der Maschinen reichen dafür nicht aus. Auch die Verfügbarkeit und Flexibilität der Produktionssysteme werden bei jeder Investitionsentscheidung von der Akroh-Geschäftsführung unter die Lupe genommen. „Wenn wir heute einen Auftrag bekommen, können wir morgen liefern,“ beschreibt Arend-Jan Horst den Extremfall, der gar nicht so selten vorkommt. Zwei bis drei Mal am Tag werden Werkzeuge gewechselt – und das muss schnell gehen, um die Produktivzeit der Maschinen auf höchstem Niveau zu halten. Zum einen sorgt das „Freifahren“ der Holme für einen leichten Einbau großer Werkzeuge von der Seite aus und zum anderen macht sich hier bereits die fortschreitende Digitalisierung der Produktionsprozesse positiv bemerkbar. „Die Maschine erkennt das Werkzeug, indem sie den Werkzeugdatensatz ausliest, und stellt automatisch die richtigen Prozessparameter ein“, erklärt Horst. „Die Digitalisierung bietet schon heute viele Möglichkeiten, noch effizienter zu arbeiten. Diese Möglichkeiten werden wir in Zukunft noch besser ausnutzen.“

Als Familienunternehmen wird auf lange Sicht geplant

Arend-Jan Horst war elf Jahre alt, als sein Großvater eine erste Battenfeld Spritzgießmaschine kaufte. Horst hielt die Maschine damals in einer Zeichnung fest, die heute in seinem Büro hängt. (Foto: Wittmann)

Arend-Jan Horst war elf Jahre alt, als sein Großvater eine erste Battenfeld Spritzgießmaschine kaufte. Horst hielt die Maschine damals in einer Zeichnung fest, die heute in seinem Büro hängt. (Foto: Wittmann)

Eine Grundvoraussetzung, die Prozesse kontinuierlich zu optimieren, ist Transparenz. In Bezug auf die Energieeffizienz startet das Akroh Team gerade ein entsprechendes Projekt. „Wir haben uns vorgenommen, mehr zu messen. Wir sehen uns sämtliche Energieverbräuche an, nicht nur die der Maschinen. Vielleicht ist es ja möglich, bei dem einen oder anderen Prozess zum Beispiel die Temperatur des Kühlwassers um zwei Grad höherzudrehen. Die Energiepreise sind im letzten Jahr so stark gestiegen, da haben auch auf den ersten Blick kleine Veränderungen eine große Wirkung. Für mich persönlich ist es wichtig, dass wir trotz der hohen Lohn- und Energiekosten weiterhin hier in unserem Heimatland produzieren können – dafür schöpfen wir alle Chancen, die sich uns eröffnen, aus.“

Als Familienunternehmen denkt Arend-Jan Horst auf lange Sicht. „Ich war elf Jahre alt, als mein Opa eine erste Spritzgießmaschine gekauft hat“, erinnert er sich. „Das war eine Battenfeld-Maschine und auf der habe ich das Spritzgießen auch gelernt.“ Seit dieser Zeit besteht eine enge Verbindung zwischen Akroh und der Wittmann Gruppe, zu der Battenfeld heute gehört. „Die sehr guten Kontakte sind mir wichtig“, betont Horst. „Wittmann ist wie wir ein Familienunternehmen und Familienunternehmen arbeiten anders. Man redet offen miteinander und kann deshalb auch gemeinsam in die Zukunft planen.“

www.akroh.com
www.wittmann-group.com

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