24.06.2014
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Von Chlorhühnchen und Kunststoffmaschinen

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Lesedauer: 4 Minuten.

TTIP – Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft – da denken wir gleich an … klar: Chlorhühnchen! Binnen Stunden wurden sie medial verstärkt zum Schreckbegriff – für eine drohende Überschwemmung Europas mit […]

TTIP – Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft – da denken wir gleich an … klar: Chlorhühnchen! Binnen Stunden wurden sie medial verstärkt zum Schreckbegriff – für eine drohende Überschwemmung Europas mit Waren, die in Amerika zu befremdlichen Standards hergestellt werden. Dass die deutschen Verbraucherschutzorganisationen keine Hinweise dafür finden konnten, die in den USA zugelassene Chlorbehandlung von Schlachtgeflügel sei gesundheitsschädlich, wie Gegner eines TTIP behaupten, wurde kaum mehr zur Kenntnis genommen. Viel mehr: Das Chlorhühnchen steht – als emotionales Symbol für unterschiedliche Standards.

Als Kontrast zum Chlorhühnchen flatterte diese Woche ein Plädoyer für ein TTIP auf den Redaktionstisch – aus der Kunststoffbranche: Die Spitzenverbände des europäischen Kunststoffmaschinenbaus (Euromap) und der US-Kunststoffindustrie (SPI) unterstützen den Freihandel der Kunststoffmaschinenindustrie und haben eine entsprechende Absichtserklärung unterzeichnet.

„Die TTIP ist für unseren Industriezweig ein Meilenstein der Zusammenarbeit, und wir rechnen mit einem starken Impuls für unsere Geschäftsbeziehungen“, urteilt SPI-Präsident Bill Carteaux. Das Freihandelsabkommen stärke die Wettbewerbsposition und helfe, die insgesamt 65.000 Beschäftigten der Kunststoffmaschinenindustrie beiderseits des Atlantiks abzusichern. Rund die Hälfte aller weltweit hergestellten Kunststoffmaschinen kommt heute aus Europa und Amerika. Der jährliche Wert: 15 Mrd. Euro. Der vollständige Abbau von Zöllen als zentraler Punkt des Freihandels werde sich nach Überzeugung beider Seiten unmittelbar absatzfördernd für Maschinenexporte auswirken.

Europäer und Amerikaner streben eine Vereinheitlichung von Sicherheitsstandards an und haben dazu bereits internationale Arbeitsgruppen etabliert. Die Arbeitssicherheit werde dadurch verbessert, und die Maschinenlieferungen würden vereinfacht. Das spare Zeit und Aufwand und stärke die Wettbewerbsfähigkeit. Die internationale Standardisierung der Kunststoffmaschinen soll einen „Flickenteppich von Vorschriften und Standards“ sowie „ein Puzzle von Sicherheitsnormen“ ablösen, wie Euromap-Generalsekretär Thorsten Kühmann kürzlich bei der VDMA-Jahrestagung in Düsseldorf ausführte. Die Europäer untereinander haben mit der Harmonisierung längst begonnen.

Beide Spitzenverbände fordern die politischen Vertreter von EU und den USA dazu auf, in den Gesprächen die Interessen des vor allem mittelständisch geprägten Maschinenbaus stärker zu beachten. Dessen Bedürfnisse seien bisher kaum berücksichtigt worden, obwohl der Maschinenbau insgesamt mit 13 % aller EU-Exporte mehr in die USA liefere als die Automobilindustrie.

Die Harmonisierung technischer Normen und der Abbau von Zöllen gelten in einem TTIP als weitgehend unstrittig. Wenn ein Abkommen aber Standards im Gesundheits-, Umwelt- und Verbraucherschutz als Handelshemmnisse betrachtet, also verbrauchernahe und leicht emotionalisierbare Themen berührt, wird es für die Verhandlungspartner in EU und USA schwieriger.

Die Partner im Maschinenbau beziehen klare Position: Viele der derzeit gegen das TTIP geäußerten Bedenken stünden „in keinem Verhältnis“ zu den Möglichkeiten, die ein Abkommen biete, denn in Europa und den USA könnten im gesamten Maschinenbau zehntausende Arbeitsplätze geschaffen werden. „TTIP ist eine Chance, keine Gefahr“, pointiert Thorsten Kühmann. Deswegen sollten Politiker auf beiden Seiten des Atlantiks in der Bevölkerung stärker für TTIP werben.

So erstrebenswert ein Freihandel bei Kunststoffmaschinen und eine sachlichere Diskussion um das „Chlorhühnchen“-Abkommen auch sein mag: Mit der Aufforderung zur Werbung für das TTIP haben die Maschinenbauer der Politik ein „dickes Brett“ vor die Tür gelegt.

SPI-Präsident Bill Carteaux (links) und Euromap-Generalsekretär Thorsten Kühmann bei der Unterzeichnung einer Absichtserklärung zur Unterstützung des Freihandels mit Kunststoffmaschinen zwischen den USA und Europa (Foto: Euromap)

SPI-Präsident Bill Carteaux (links) und Euromap-Generalsekretär Thorsten Kühmann bei der Unterzeichnung einer Absichtserklärung zur Unterstützung des Freihandels mit Kunststoffmaschinen zwischen den USA und Europa (Foto: Euromap)

Markus Lüling
Markus LülingChefredakteur K-PROFI

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