Große Konzerne spucken gerne große Töne. Doch die werden durch häufigeres Wiederholen nicht besser. Aber vielleicht kann man von der globalen Vorstandselite auf dem Weltwirtschaftsforum im schweizerischen Davos auch keine differenzierte Leisetreterei erwarten.
Jüngstes Beispiel für große Töne ist der saudi-arabische Polymer-Erzeuger Sabic (Riad / Saudi-Arabien). Dessen CEO Abdulrahman Al-Fageeh kündigte in Davos an, dass sein Konzern von 2030 an – also in acht Jahren – 1 Mio t Kreislaufmaterialien produzieren wolle. Wohlgemerkt: wolle, nicht werde.
Zu den genannten Werkstoffen gehören neben chemisch recycelten Monomeren alle möglichen Polymere, chemisch recycelte, mechanisch aufgearbeitete, biobasierte und eher plakativ aus dem Meer gesammelte. Dem stehen bei Sabic, laut der KI-Datenbank Polyglobe (www.polyglobe.net), klassisch fossilbasierte Produktionskapazitäten von 19,7 Mio jato Polymere sowie 39 Mio jato Monomere aller Art gegenüber. Resultierender Faktor: 60.
Um mit dem Finger aber nicht nur auf einen einzelnen Akteur aus der Petrochemiebranche zu zeigen, hier ein Vergleich zur BASF (Ludwigshafen) und zu Dow (Michigan / USA). Beide schneiden, was die hohle Vollmundigkeit ihrer Ankündigungen angeht, nicht besser ab.
BASF will bis 2025 rund 250.000 t fossiler Rohstoffe ersetzen – mit rezyklierten und abfallbasierten Ausgangsmaterialien. Auch wenn sich die Ludwigshafener weniger Zeit dafür nehmen: Viel ist das dennoch nicht. Auf Monomerseite führt der Konzern nämlich Kapazitäten von knapp 12 Mio jato ins Feld, hinzu kommen gute 5 Mio jato Polymere – das ergibt einen Faktor von 68.
Dows CEO Jim Fitterling hatte kürzlich das anfangs kommunizierte Ziel von 1 Mio t zirkulären und erneuerbaren Materialien, die von 2030 an pro Jahr hergestellt werden sollen, auf rasante 3 Mio t hochgeschraubt. Demgegenüber stehen 14,5 Mio jato Polymere und knapp 32 Mio jato Monomere. Der Faktor ist hier immerhin nur 15,5 nach 47,5. Rein rechnerisch also besser als bei den beiden anderen Konzernen. Von gut aber ebenfalls noch weit entfernt.
Um auf die großen Töne zurückzukommen: Den Petrochemieriesen scheint es vor allem darum zu gehen, mit einem Verve zeigenden Markennamen in die Öffentlichkeit preschen zu können. Das immerhin dürfte den meisten gelungen sein. Wortschöpfungen wie „Trucircle“, „Circulen“, „Borcycle“ oder auch „Ccycled“ klingen grün und regen beim Leser die Fantasie an. Weniger griffig erscheint dagegen der Brand „Polymers with purpose“, also: Polymere mit Sinn. Denn alles anderes wäre in den heutigen Zeiten ja wohl auch Unsinn.