Scharfzüngig kommentierte GKV-Präsidentin Dr. Helen Fürst am Aschermittwochmittag die 2023er Wirtschaftszahlen der Kunststoff verarbeitenden Industrie. Denn der Umsatz der statistisch erfassten, fast 3.000 Betriebe mit mehr als 20 Mitarbeitenden fiel um 6 % auf 72,5 Mrd. EUR.
Die Exporte mit nur minus 0,3 % erwiesen sich als stabil, während die Inlandsumsätze um 9,4 % nach unten rauschten. Die verarbeitete Menge ging 2023 von 13,9 Mio. t um 9 % auf 12,7 Mio. t zurück. Die Herausforderungen für die Branche seien „überwiegend struktureller Natur“, beklagte die Präsidentin des Gesamtverbands Kunststoffverarbeitende Industrie (GKV), und forderte von der Bundesregierung eine „zukunftsorientierte Wachstumsagenda“ ein.
Sie kritisierte insbesondere die Agenda des Bundesministers für Wirtschaft und Klimaschutz, Robert Habeck, scharf und klagte aber auch über den beschleunigten Regulierungsdruck seitens der Europäischen Union: „Die Ursachen der aktuellen Wirtschaftskrise in Deutschland sind überwiegend struktureller Natur. Deshalb brauchen wir eine zukunftsorientierte Wachstumsagenda, damit die Industrie in Deutschland in zwei bis drei Jahren wieder Fahrt aufnehmen kann“, so Fürst. Diese Agenda müsse insbesondere Energie, Bürokratie, Investitionen und Digitalisierung adressieren: „Ich bin davon überzeugt, die Wachstumsagenda kann die dringendsten Probleme unserer Wirtschaft lösen, Verlässlichkeit und verlorenes Vertrauen wiederherstellen und den Menschen in Deutschland neue Zuversicht geben“, sagte Fürst.
In einer Umfrage, an der sich 200 Mitgliedsunternehmen der GKV-Trägerverbände mit insgesamt 250 Standorten im Januar 2024 beteiligten, kündigten 24 % der Befragten einen weiteren Personalabbau an. Dennoch bleibe der Mangel an Fachkräften und Auszubildenden weiter eines der gravierendsten Probleme der mittelständischen Industrie, bemerkte GKV-Hauptgeschäftsführer Dr. Oliver Möllenstädt, 72 % der befragten Mitgliedsunternehmen klagen aktuell über einen Fachkräfte- oder Arbeitskräftemangel. Insbesondere das Arbeitsmarktangebot an Verfahrensmechanikern und Kunststofftechnologen decke die Nachfrage nicht. Auch Ausbildungsplätze in technischen Berufen blieben allzu oft unbesetzt.
Der Umfrage zufolge geben vielen Kunststoffverarbeitern die teilweise drastisch gestiegenen Kosten Anlass zur Sorge, insbesondere für Energie und Löhne. Den meisten Unternehmen gelang es 2023 nur teilweise, die Kosten an ihre Kunden weiterzugeben. Diese ungesunde Entwicklung gefährde auf mittlere Sicht die Existenz vieler Kunststoffverarbeiter, so Möllenstädt. „Wir haben die Unternehmen auch nach den Auswirkungen befragt, wenn sich die Kostensituation in Deutschland 2024 nicht ändert. Dabei gaben 58 % an, dass dann ein weiterer Abbau von Arbeitsplätzen unausweichlich sei, gemessen an der Zahl der Nennungen in unserer Umfrage gefolgt von Kurzarbeit und der Verlagerung von Produktion ins Ausland.“
Die Befragungsergebnisse machen auch deutlich, dass die Aufwendungen für Strom, Löhne und Gas die Unternehmen deutlich stärker belasten als zuvor, gefolgt von den Bürokratiekosten. Deshalb solle die Politik verstärkte Anstrengungen insbesondere auf die Milderung dieser für die Unternehmen besonders belastenden Kostenfaktoren richten, so der GKV-Hauptgeschäftsführer.
Einer der wenigen Lichtblicke in den Präsentationen der Traditionsveranstaltung: Der Rezyklateinsatz (einschließlich Nebenprodukten) stagnierte 2023 bei 2,4 Mio. t, wuchs aber anteilig an der Verarbeitungsmenge von 17 auf 19 Prozentpunkte.