„Kunststoff fasziniert mich heute noch. Ich musste in meinem Leben nie arbeiten, bin immer nur meinem Hobby nachgegangen. Und das ist eben der Kunststoff.“ So resümierte Dr.-Ing. Rudolf Fernengel Mitte 2024 seine 55 Jahre Tätigkeit in der Kunststofftechnik bei einem Besuch der Redaktion K-PROFI. Mitte April 2025 ist der Mitgründer der in Schweitenkirchen ansässigen 2R Kunststofftechnik GmbH & Co. KG im Alter von 82 Jahren tödlich verunglückt.
„Eigentlich war ich Ende der 1960er Jahre nach abgeschlossener Ausbildung und nach Praktika bei Bayer und Hoechst technische Nachwuchskraft im Volkswagenwerk in Wolfsburg“, berichtete Fernengel im vergangenen Jahr. „Nach zwei Jahren dort sagte mein Chef zu mir: Du kennst bisher nur Volkswagen. Ich habe in München einen Jagdfreund, der ist bei BMW und sucht einen Kunststoff-Fachmann. Da gehst Du mal hin.“
Erst nach einigem Zögern entschloss sich Rudolf Fernengel, die Automobilmarke zu wechseln. „Eigentlich wollte ich nicht. Aber BMW war das Beste, was mir passieren konnte“, blickte er zurück – und riss in wenigen Minuten unzählige Projekte der 1970er Jahre an, an denen er beteiligt war und mit denen Thermoplaste immer weiter in die Pkws vordrangen und sowohl Metall als auch Duromere ersetzten: Zündverteiler, Handschuhfach, Batterieabdeckung, Filmscharnier-Gaspedal aus PP, Lüfterflügel aus PP-GF, Kühlergrill aus ABS, erste galvanisierte Außenteile, Schaumsitze aus Polyurethan.

Dr.-Ing. Rudolf Fernengel, Spritzgießunternehmer und weithin anerkannter Experte für Kunststoff-Anwendungen im Fahrzeugbau, ist im April 2025 verstorben (Foto: K-PROFI/Avisio München).
Im Jahr 1978 gründete Rudolf Fernengel gemeinsam mit seinem Bruder Richard einen eigenen Verarbeiterbetrieb. Rudolf und Richard – daher 2R – begannen in einer Scheune vor den Toren von München mit zwei Maschinen und siedelten nach starkem Wachstum 1990 auf die „grüne Wiese“ nach Schweitenkirchen um, wo die 2R Kunststofftechnik stetig wuchs und ihre Flächen erweiterte. Heute entwickelt und produziert 2R mit 200 Mitarbeitern technische Spritzgussteile in Groß- und Kleinserien, Prototypen und Vorserienteile.
„Ich will die physikalischen Eigenschaften eines Werkstoffs wirklich kennen. Nur dann kann ich einen Kunden umfassend beraten“, gab sich Rudolf Fernengel überzeugt, „die physikalisch-technischen Eigenschaften müssen absolut transparent sein. Erst dann kann ich belastbare Aussagen treffen“, begründete er den Betrieb seines für einen mittelständischen Spritzgießer ungewöhnlich umfangreich ausgestatteten Labors.
„Erfahrung schreibt man mit 2 R“ – so lautet der Slogan seines Unternehmens. Die Erfahrung der Gründer war auch außerhalb von 2R gefragt. So fungierte Rudolf Fernengel über 25 Jahre lang als Fachbereichskoordinator und Jury-Chef beim „SPE AutomotiveAward“ der „Internationalen Gesellschaft für Kunststofftechnik / SPE Central Europe“. Dort vermochte er die Leistungen eines jeden Einreichers sowohl den Mitgliedern der Jury als auch den Teilnehmern der Verleihungszeremonie verständlich und pointiert darzulegen. „Mit seinem einzigartigen Know-how und seinem außergewöhnlichen Engagement“ habe Fernengel „die Arbeit des Vereins und vor allem den AutomotiveAward entscheidend geprägt“, schreibt die SPE Central Europe in ihrem Nachruf: „Wir werden noch lange von dem zehren, was er geleistet hat. Dafür sind wir ihm unendlich dankbar.“
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Das vollständige Porträt „Vom Datenblatt glaube ich nur das Ausgabedatum – Wie 2R als Entwicklungs- und Produktionspartner für Spritzgussteile nicht nur mit einem umfassend ausgestatteten Labor punktet“ mit Dr.-Ing. Rudolf Fernengel, seinem Neffen Dirk Fernengel und seiner Nachfolgerin bei der 2R Kunststofftechnik, Eva Wilhelm, finden Sie in K-PROFI 7-8/2024 ab Seite 10 (abrufbar unter http://www.k-profi.de/heft/240810).