Die Umsätze und die Produktionsmenge in der deutschen Kunststoffverarbeitung sind 2024 erneut geschrumpft. Wie TecPart – Verband Technische Kunststoff-Produkte e.V. jetzt in Berlin berichtete, verzeichnete die Branche einen Umsatzrückgang von 4,3 % auf 69,7 Mrd. EUR. Auch die Verarbeitungsmenge verringerte sich – um 4,1 % auf 12,3 Mio. Tonnen.
Noch in Unkenntnis einer vorgezogenen Bundestagswahl ausgewählt, aber dennoch symbolisch wirkte der Veranstaltungsort für die TecPart-Pressekonferenz: Schräg gegenüber dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz an der Invalidenstraße in Berlin. „Die Lage ist alarmierend“, kommentiert Felix Loose, geschäftsführender Gesellschafter der Roga-Gruppe und Vorsitzender des TecPart, die Situation. Die Kernmärkte für Technische Teile befinden sich weitgehend unter Druck. Rekordwerte bezüglich schlechtem Geschäftsklima und Auftragsrückgang in der Automobilindustrie, anhaltende Abwärtstrends in der E+E-Branche sowie eine sich verschlechternde Geschäftslage im Maschinenbau insbesondere am Heimatmarkt seien deutliche Zeichen.
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Für TecPart bilanzierten das Jahr 2024 in Berlin (v.l.) der Vorsitzende Felix Loose, die stellvertretende Vorsitzende Aline Henke und Geschäftsführer Michael Weigelt (Foto: K-AKTUELL).
Schwindende Auslastung und wachsende Verlagerungsabsichten
Seit 36 Monaten erodierten die Auftragsbestände in der Kunststoffverarbeitung kontinuierlich, die Kapazitätsauslastung habe 2024 nur noch 75,5 % betragen und in den letzten sechs Monaten seien die Auftragsbestände in einen kritischen Bereich gefallen. „Die Unternehmen trocknen derzeit aus“, so TecPart-Geschäftsführer Michael Weigelt. Dies betreffe alle Zweige der Kunststoffverarbeitung, insbesondere die Hersteller technischer Teile: „Bei von 2023 auf 2024 konstanter Automobilproduktion in Deutschland schrumpfte die Zulieferleistung aus Deutschland, was für eine Verlagerung von Produktionskapazitäten und von Anschlussaufträgen ins Ausland spricht.“
„Die heimische Kunststoffverarbeitung kann sich der strukturellen Standortbelastung und Nachfrageschwäche in Deutschland nicht entziehen,“ stellte Weigelt fest. Besonders deutlich war auf Basis der Werte des Statistischen Bundesamtes der Rückgang in den umsatzstärksten Segmenten der Kunststoffverarbeitung. Technische Teile gaben um 5,6 % nach, die Baubranche gar um 6,4 %. Die Menge verarbeiteten Kunststoffs fiel ebenfalls von 12,8 auf 12,3 Mio. t. In den Segmenten Technische Teile lag der Rückgang bei rund 6 %. Bei Bauprodukten belief sich das Minus an Materialverbrauch auf 5 %. Der Anteil von Rezyklaten in Kunststoffteilen wuchs leicht von 18,7 auf 19,5 %, jedoch blieb die verarbeitete Menge ob des Auftragsrückgangs in diesem Segment konstant. Sinkende Umsätze und steigende Personalkosten führten 2024 dazu, dass nur 14 % der Unternehmen ihre Gewinne steigern konnten. Bei mehr als der Hälfte der Firmen sanken die Gewinne.
Auch der Blick in andere Zweige der Wertschöpfungskette Kunststoff zeige, dass das Auslandsgeschäft besser laufe als das im Inland, etwa im Maschinenbau: „Im Ausland wird investiert, im Inland nicht“, kommentierte Weigelt. Auch die Kapazitätsauslastung der Chemischen Industrie in Deutschland von weniger als 75 % gebe Anlass zu großer Sorge. Felix Loose hoffte auf eine „deutlich industrieorientiertere neue Bundesregierung“, wenngleich er Zweifel hegte, dass sich diese schnell bilden wird. Sie solle das Ziel der Nachhaltigkeit beibehalten, aber nicht in einer „doktrinbasierten Weise“, die auf die Wirtschaft „erstickend“ wirke.
Anhaltender Auftragsmangel und sinkende Beschäftigung in den Betrieben
Aline Henke, stellvertretende Vorsitzende von TecPart, berichtete von einem Rückgang der Beschäftigung um 2 % auf knapp 310.000 Mitarbeiter in den statistisch erfassten 2.938 Betrieben der deutschen Kunststoffverarbeitung. Auch der Ausbildungsmarkt gestalte sich schwierig: Vor zehn Jahren hätten noch 7.800 Ausbildungsverträge zum Verfahrensmechaniker Kunststoff und Kautschuk bestanden, heute seien es zusammen mit dem erneuerten Berufsbild des Kunststofftechnologen nur noch 3.500 Verträge. Die Geschäftsführerin der Hankensbütteler Kunststoffverarbeitung forderte eine Reform der Berufsbilder mit dem Ziel, die Attraktivität der dualen Ausbildung zu steigern und die Integration ausländischer Mitarbeiter auch durch einfachere Anerkennung von Kenntnisnachweisen zu erleichtern.
Die von den Verarbeitern in einer TecPart-Umfrage als größte Belastung identifizierten Themen zeigen 2024 eine Verschärfung der Situation: Den anhaltenden Auftragsmangel beklagen 80 % der Unternehmen. Entsprechend blickt die Kunststoff verarbeitende Industrie mit nüchternen Gefühlen in die Zukunft: Rund je ein Drittel der Befragten rechnet mit sinkenden, gleichbleibenden oder steigenden Umsätzen, nur 20 % erwarten eine Gewinnsteigerung. Für 2025 sei bei den Geschäften „maximal eine Seitwärtsbewegung“ zu erwarten, schätzte Loose.
Investitionen in Ersatz und Rationalisierung statt in Erweiterung oder Zukunftstechnologien
Die weitgehend negative Zukunftserwartung schlägt sich besonders deutlich in der Investitionsplanung für 2025 nieder. Felix Loose identifizierte einen von 2023 auf 2024 deutlich verstärkten Trend zu Investitionen im Ausland: „Es geht raus aus Deutschland“. Die Neigungen zu Produktionsverlagerungen sei in der Kunststoffverarbeitung erkennbar gewachsen: „Wer gehen kann, der geht.“ Einerseits führte er das Investitionsverhalten an, das sich auf Ersatz und Rationalisierung konzentriere, während Erweiterungen und Zukunftsprojekte bei den Motiven in den Hintergrund getreten seien. Andererseits zog er die Umsätze der deutschen Kunststoffverarbeiter heran, die in Nicht-EU-Ländern stetig steigende Anteile erwirtschafteten – zuletzt ein Sechstel (15,9 % in 2024 nach 12,5 % in 2023).
Einheitliche Regeln für eine Kunststoff-Kreislaufwirtschaft
Zu den jüngsten Feststellungen, dass die zur Erfüllung von Rezyklateinsatzquoten notwendigen Rezyklatmengen bei weitem nicht zur Verfügung stehen, forderte TecPart europaweit einheitliche Regelungen für eine Kunststoff-Kreislaufwirtschaft. „Wo eine Reyclingwirtschaft gewünscht ist, muss man sie von Belastungen befreien“, folgerte Michael Weigelt.
TecPart agiert als Interessenvertretung für Hersteller technischer Kunststoff-Produkte. Die Mitglieder sind vorwiegend in der Compoundierung und dem Kunststoffrecycling, der Additiven Fertigung, dem Thermoformen sowie der Spritzgießtechnik und anderen Kunststoffverarbeitungsverfahren tätig, die technische Kunststoffteile sowie die Werkzeuge zu deren Herstellung entwickeln, konstruieren und produzieren. Die vertretenen rund 910 Hersteller langlebiger, technischer Kunststoff-Produkte beschäftigen rund 100.000 Mitarbeiter und erwirtschaften mit diesen einen Umsatz von 19,7 Mrd. EUR pro Jahr.